GAP-JOURNAL 2012/13 - AFA
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Ressourcen ausgeben, um ihre Bevölkerung gegen eine nur wenig schmerzhafte Krankheit<br />
zu impfen? Wir entscheiden hier nicht nur darüber, ob wir den Schmerz entwerten<br />
oder nicht, sondern vor allem auch darüber, wie stark der Schmerz gegenüber anderen<br />
Vorzügen wiegt, welche es eventuell wert sind, das Risiko einzugehen. Was wir bei all<br />
diesen Überlegungen nicht machen, ist, den Schmerz zweifach in unsere Überlegungen<br />
mit einzurechnen: einerseits, dass erschlecht für die ist, die den Schmerz empfinden,<br />
andererseits, dass erüberhaupt, absolut schlecht ist. Das wäre doppeltes Zählen. Und<br />
wenn wir bei Schmerz nicht doppelt zählen, warum sollten wir dies dann beim Guten<br />
tun?<br />
Wir haben also keine Gründe dafür, zu sagen, dass das Empfinden von Vergnügen an<br />
sich gut ist, anstatt zusagen, dass esgut für jemanden ist. (Vgl. ebd.: 43ff) Selbst die<br />
Liebe ist nicht an sich gut, da sich Beispiele finden lassen, in denen Liebe zu negativen<br />
Konsequenzen führt (wie etwa die Liebe zujemandem, der einen das ganze Leben lang<br />
schlecht behandelt). (Vgl. ebd.: 112ff) Um das absolut Gute als Maßstab unserer alltäglichen<br />
Handlungen zusetzen, muss es mehr sein, als nur eine nicht näher definierte<br />
Verwandtschaft zum relativ Guten:<br />
„If absolute goodness is to be an important factor in practical reasoning, itmust beaproperty<br />
that is not amere shadow of relative goodness. It must be defined without using the<br />
concept ofwhat isgood for someone, and it must be afactor that enters into our practical<br />
thinking as an input that isindependent of considerations of what is good for someone.“<br />
(Kraut <strong>2012</strong>: 114)<br />
Wir haben also gesehen, dass das absolut Gute nicht Maßstab für unser Handeln sein<br />
kann, da es das ansich Gute nicht gibt. Das relativ Gute als Handlungsmaßstab ist<br />
jedoch für diese Überlegungen unbefriedigend, da es dem Einzelnen keine deutliche<br />
Anleitung zum guten Handeln bieten kann. Im Folgenden wenden wir uns nun derFrage<br />
zu, obesüberhaupt gerechtfertigt ist, nur einem Ideal –wie dem Guten –zufolgen,<br />
oder obunser Handeln und seine Maßstäbe plural sein müssen, da der Mensch nur im<br />
Plural existieren kann und Pluralität eineGrundbedingungmenschlichen Handelns ist.<br />
Pluralität<br />
In Hannah Arendts Denken ist Pluralität von großer Bedeutung, welche jene „Tatsache<br />
[ist], daß nicht ein Mensch, sondern viele Menschen auf der Erde leben und die Welt<br />
bevölkern.“ (Arendt 1967: 17) Arendt ist der Meinung, dass das Denken selbst keine<br />
Werte schaffen und auch nicht sagen kann, was „das Gute“ ist. Denken hat eine destruktive<br />
Kraft, eslöst anerkannte Verhaltensregeln auf, ist „notwendigerweise zerstörend,<br />
unterminierend auf alle verfestigten Kriterien, Werte, Maßstäbe für Gut und Böse,