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GAP-JOURNAL 2012/13 - AFA

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Josephs große Verdienste finden sich imBereich der sozialen Fürsorge, der Neuorganisation<br />

des Staatskörpers, der Verstaatlichung der Kirche und der Versuch zur Neuordnung<br />

der Gesellschaft, durch die Abschaffung der Leibeigenschaft, des vereinfachten<br />

und endgültig verpflichtenden Zugangs zur Schulbildung, die umfassende Lockerung<br />

der Zensur und den bedeutenden Rechtsreformen, die die Gleichheit vor dem Gesetz<br />

zum Programm machten.<br />

Die Aufklärung hatte Joseph feste Prinzipien mitgegeben, die er in entschlossener Härte<br />

und drastischer Kompromisslosigkeit umzusetzen trachtete. Viele seiner Reformen<br />

mussten postwendend wieder außer Kraft gesetzt werden, weil sie im Verständnis seiner<br />

Zeitgenossen teils untragbarwaren. Die Aufklärung war es, die Josephs Religionspolitik<br />

in Richtung Toleranz lenkte, seine Liebe zur Vernunft inihrer Reinform erweckte und<br />

seineVerantwortung als Herrschervor dem Volk und nicht vor Gott klarstellte.<br />

Behördenreformen<br />

In diesem Punkt setzte Joseph die Politik seiner Mutter fort und baute die Habsburger<br />

Ländervereinigung –auch ganz imSinne der pragmatischen Sanktion –umzum zentralistisch<br />

durchorganisierten Vielvölkerstaat. Er führte Deutsch auch im Königreich<br />

Ungarn und den Niederlanden (heutiges Belgien) endgültig als Amtssprache ein. Nicht<br />

um eine Art Germanisierung durchzuführen, sondern aus Praktikabilitätserwägungen.<br />

Er erwog, dass die gemeinsame Sprache eine einende Funktion einnehmen könnte. Die<br />

Reform musste auf Drängen der Magyaren noch vor Ende seiner Amtszeit wieder außer<br />

Kraft gesetzt werden.<br />

Gesellschaftsreformen<br />

Schon vor seinem Regierungsantritt ließ erseiner Mutter eine Denkschrift unter dem<br />

Titel „Rêveries“ (Träumereien) zukommen, die seine politischen Absichten inspäteren<br />

Jahren gewissermaßen vorwegnahm. Darin schreibt er über die riesige Kluft zwischen<br />

arm und reich und das Elend der Bauern, das er durch seine vielen Reisen indie Habsburgerlande<br />

mit eigenen Augen gesehen hatte. Erschreibt, esmüsse ein Ausgleich gefunden<br />

werden zwischen arm und reich und dass die Herkunft kein Vorrecht, sondern<br />

eine Verpflichtung sei. 7 Die Abschaffung der Leibeigenschaft der Bauern war ein<br />

bedeutender Schritt, wiewohl ihre Befreiung erst 1848 wirklich stattfand. Dennoch<br />

zeigte Joseph klare Tendenzen, die Vorrechte des Adelsstandes nun ein für alle Mal<br />

7 Vgl. Weissensteiner Friedrich: Die großen Herrscher des Hauses Habsburg, S.275, Piperverlag,<br />

2007.

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