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sätzen wie die Franzosen; das Vorfeld der Festung mußte frei bleiben und durfte<br />

keine Deckung bieten. Das im Umkreis um die Festung gelegene Gelände wurde in<br />

Rayons aufgeteilt, d. h. Zonen, die sich um die Festungsanlagen herumzogen. In dem<br />

erwähnten ersten 600 Meter tiefen Rayon waren nur kleine bretterne Nothütten zugelassen,<br />

die im Ernstfalle jederzeit beseitigt werden konnten. Im anschließenden zweiten<br />

Rayon mit einer Tiefe von 500 Schritten oder rund 375 Meter durften schon Fachwerkgebäude<br />

unter gewissen Auflagen erbaut werden, allerdings gegen „Revers", d. h. der<br />

Eigentümer wurde verpflichtet, auf Anordnung der Kommandantur seine Baulichkeiten<br />

entschädigungslos abzureißen.<br />

Diesen Vorschriften mußte sich auch der neue Pächter der verwüsteten Kirchenmeierei,<br />

der Bleicher Koch vom Eiswerder, der mit der Bewirtschaftung des Kirchenackers bereits<br />

im Frühsommer 1813 begonnen hatte, unterwerfen. Er durfte auf der Brandstätte der<br />

alten Meierei nur eine Bretterhütte aufführen. Koch erbaute dann 1819 im zweiten<br />

Rayon sein neues Meiereigebäude; dieses Gehöft wird in der Nähe der Daumstraße, und<br />

zwar östlich von ihr, zu lokalisieren sein. Die neue Meierei hat keinen langen Bestand<br />

gehabt, denn bereits 1831 mußte Koch Haus und Hof und das Pachtland räumen. Der<br />

Militärfiskus erwarb nämlich nun den größten Teil der Kirchenmeierei und dazu größere<br />

Flächen vom Gut Haselhorst, um den Bau seiner Pulverfabrik in die Wege leiten zu<br />

können. Sie wurde 1839 aus Berlin, wo sie in der Gegend des nachmaligen und jetzt<br />

wieder verschwundenen Lehrter Bahnhofs gelegen hatte, nach Spandau verlegt. Die Pulverfabrik<br />

war von eigenen Befestigungsanlagen, u. a. von sieben kleinen Lünetten umgeben,<br />

und am Fuße der Wälle floß der nachmalige Grützmachergraben in zickzackförmigem<br />

Laufe dahin. Die Ost- und Nordgrenze der alten Pulverfabrik hält die heutige<br />

Daumstraße noch ungefähr fest, sie ist hervorgegangen aus einem Wege, der außerhalb<br />

vor den Festungswerken verlief und dann nach Norden zum Salzhof führte.<br />

Von der früheren Pulverfabrik sind nur noch wenige Reste vorhanden. An der Daumstraße<br />

steht noch ein altes Wachgebäude, das gewerblich genutzt wird, ein weiterer einstiger<br />

Militärbau befindet sich am Pulvermühlenweg und wurde 1953 zum Jugendheim<br />

umgestaltet. Übrig geblieben sind ferner ein paar Meter der alten roten Backsteinmauer<br />

auf dem Grundstück des „Stahlform"-Werkes und ein kleines Stück des Eisenzauns, der<br />

einst die Pulverfabrik umgab. Und die leicht welligen Sandflächen an der Ostseite der<br />

Daumstraße sind die letzten heruntergetretenen Rudimente der einstigen Wälle, die die<br />

Pulverfabrik schützen sollten. Wegen der Explosionsgefahr bei der Fabrikation der brisanten<br />

Stoffe waren die einzelnen Fabrikationsstätten sehr weitläufig angelegt worden<br />

und mit Baumpflanzungen umgeben, die im Laufe der Jahrzehnte einen parkartigen<br />

Charakter annahmen. Nach Stillegung der Pulverfabrik 1919 blieb der größte Teil des<br />

Geländes frei von neuen Industriebetrieben, lediglich ein Teilstück am Telegrafenweg<br />

wurde 1929 an die Konsumgenossenschaft Berlin veräußert, die hier eine Großbäckerei<br />

errichtete; im Jahre 1938 zog hier das „T-Werk" der Firma Siemens ein. Die zum großen<br />

Teil ausgebombten Baulichkeiten wurden 1973 abgetragen, jetzt hat sich die „Metalu"<br />

= Metallbau GmbH mit einer Fertigung von Aluminium-Bauteilen hier niedergelassen.<br />

Das nur wenig genutzte Gelände der Pulverfabrik erwarb die Stadt Berlin im Jahre<br />

1939 als „Pulverpark", aber in den Notjahren 1945/47 wurde der alte Baumbestand von<br />

der notleidenden Bevölkerung gefällt und als Brennholz verwendet. Nur einige wenige<br />

alte Bäume wie die drei Eichen am Grützmacher- Ecke Goldbeckweg erinnern noch an<br />

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