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gehenden und gegen Ende des 18. Jahrhunderts sich auch in Deutschland ausbreitenden<br />

Aufklärung. Wöllner war der Initiator des „Erneuerten Censur-Edicts für die Preußischen<br />

Staaten exklusive Schlesien" vom 19. Dezember 1788, mit dem eine Kabinettsordre<br />

an den Großkanzler von Carmer einherging, in der Friedrich Wilhelm I. glaubte<br />

feststellen zu müssen, „daß die Pressefreiheit in Pressefrechheit ausartet". Dieses „Censur-<br />

Edict" hat entscheidend dazu beigetragen, daß sich die Berliner Zeitungen mit ihrer an<br />

sich schon trostlosen Rolle gezwungenermaßen für lange Jahre abfinden mußten. Das<br />

fortschrittliche Element der Publizistik verlagerte sich auf die in Berlin zahlreich erscheinenden<br />

gelehrten, literarischen und unterhaltenden Zeitschriften, von denen die von<br />

Friedrich Gedike und Johann Erich Biester herausgegebene „Berlinische Monatsschrift"<br />

(1783-1796) und das „Athenäum" (1798-1800) der Brüder August Wilhelm und Friedrich<br />

Schlegel die bedeutendsten waren.<br />

Johann Carl Philipp Spener überantwortete im Januar 1827 nach dem frühen Tod seines<br />

Sohnes und wenige Wochen vor seinem eigenen den Verlag seinem langjährigen Gehilfen<br />

Joseephy; Druckerei und Zeitung gingen in den Besitz des Kgl. Bibliothekars<br />

Samuel Heinrich Spiker über, der den „Berlinischen Nachrichten" lange Zeit ein umsichtiger<br />

Redakteur war. Die Zeitung behielt vorerst ihren alten Namen und wurde<br />

nicht in „Spenersche Zeitung" umbenannt, als sie von Spiker erworben und redigiert<br />

wurde, wie aus den Ausgaben vom Ende der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts ersichtlich<br />

ist. Man hatte sich aber im Laufe der Zeit daran gewöhnt, jedes der beiden Berliner<br />

Blätter nach ihrem Besitzer zu nennen, also „Vossische Zeitung" und „Spenersche<br />

Zeitung", obwohl beide ihre traditionellen Titel über anderthalb Jahrhunderte beibehielten.<br />

Der Volksmund sprach seit dem Revolutionsjahr 1848 nur noch von der „Tante<br />

Voss" und dem „Onkel Spener"; die eine Zeitung war populär und auflagenstark, die<br />

andere (Spener) stützte sich vornehmlich auf das mehr konservative Besitz- und Bildungsbürgertum.<br />

Spiker starb 1858, die „Spenersche Zeitung" wurde zunächst von seinen Erben fortgeführt.<br />

Nach der Reichsgründung, im ständigen Konkurrenzkampf auch mit den inzwischen<br />

neu erstandenen Blättern („Berliner Börsen-Zeitung", 1855; „Berliner Börsen-<br />

Courier", 1868; „Berliner Tageblatt", 1871; „Germania", 1870) konnte sie sich kaum<br />

noch am Leben erhalten. Obwohl die „Spenersche Zeitung" einen gar nicht so schlechten<br />

Ruf über Berlin hinaus hatte, machte es sich doch bemerkbar, daß ihr die richtige Führung<br />

fehlte, um Wirtschaftlichkeit und publizistischen Auftrag in Balance zu halten. Da<br />

konnten ihr die offiziösen „Hilfestellungen", die ihr - nach Moritz Busch, dem damaligen<br />

Pressereferenten des Auswärtigen Amtes - durch gelegentliches Zuspielen der politischen<br />

Intentionen Bismarcks zuteil wurden, auch nicht viel helfen. Das Blatt wurde<br />

mehrmals von pressefremden Interessen- und Finanzgruppen übernommen, bis es schließlich<br />

im Herbst 1874 in die nationalliberale „National-Zeitung" aufging. Als letzten<br />

Fortsetzungsroman brachte die „Spenersche Zeitung" Paul Heyses „Die Kinder der<br />

Welt", die im Gegensatz zu den bürgerlich-christlichen „Kindern des Himmels" stehen<br />

und in dem zumindest ansatzmäßig versucht wird, sich trotz individualistischer Einstimmung<br />

wohlwollend mit der Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung auseinanderzusetzen.<br />

Es gehörte Mut dazu, diesen diesseitigen Roman den konservativen Lesern darzubieten.<br />

Der Abdruck soll dem Vernehmen nach das Ende der „Spenerschen Zeitung"<br />

beschleunigt haben.<br />

Anschrift des Verfassers: 1 Berlin 37, Am Fischtal 19<br />

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