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und, mit einem Strohhute auf dem Kopfe gezieret, verkehrt auf einen Esel gesetzt, so,<br />

daß sie ihr Gesichte nach der Extremität des Esels wendete. An ihrem Strohhute las man<br />

vorn und hinten die Worte: Oeffentliche Kupplerin! Der Scharfrichter gab ihr, nach<br />

geschehener Brandmarckung, mit vieler Geschicklichkeit einen tüchtigen Staupbesen, und<br />

alsdenn brachte man sie zur Arbeit in eine Salpeter-Grube. Um nun das Schauspiel desto<br />

beträchtlicher zu machen, mußten 2 junge Opfer-Mägde der Venus und bisherige Brodterwerberinnen<br />

der alten Gelegenheitsmacherin, mit dergleichen Strohhüten geschmückt,<br />

neben dem Esel hergehen, und Trabanten-Dienste tun. Vermutlich werden auch diese<br />

letztern ihren Vorwitz in Salpetergruben beseufzen müssen. Man glaubt hier, daß man<br />

diese besondere und sehr nützliche Art von Schauspielen künftig auch in anderen Ländern<br />

nachmachen möchte" („Berlinische Nachrichten", Nr. 17, 1749).<br />

Erst während des Siebenjährigen Krieges unter der Redaktion von Johann Gottlieb<br />

Krause gewannen die „Berlinischen Nachrichten" an Profil. Krause hatte schon früher<br />

die „gelehrten Artikel" bearbeitet. Bei diesem Teil des Blattes handelte es sich nicht um<br />

literarische Abhandlungen. Er und seine Nachfolger bevorzugten eine bunte Mischung<br />

von Nachrichten und Darstellungen der verschiedenstens Wissens- und Lebensgebiete.<br />

Von den Kriegsereignissen blieben auch die Zeitungen nicht verschont. Die „Berlinischen<br />

Nachrichten" hatten den deutschstämmigen Kommandeur der russischen Truppen, General<br />

Graf Tottieben, einen „Aventurier" [ = Abenteurer im üblen Sinne, Glücksritter] genannt.<br />

Als die fremden Truppen Berlin besetzt hatten, wurde Krause verhaftet und zur<br />

Prozedur eines öffentlichen Spießrutenlaufens auf dem Neuen Markt verurteilt, jedoch<br />

im letzten Augenblick mit einem Verweis begnadigt.<br />

Ambrosius Haude starb 1748 im Alter von 58 Jahren. Buchhandel, Verlag und die Zeitung<br />

kamen in den Besitz der Witwe Susanne Haude und ihres Bruders, des seit 1739<br />

privilegierten Buchhändlers Johann Carl Spener d. Ä., den Haude noch kurz vor seinem<br />

Tode als Teilhaber in das Unternehmen aufgenommen hatte. Die Firma hieß von nun an<br />

„Haude und Spener", als Buchverlag blieb es so bis auf den heutigen Tag.<br />

Auch Spener verstarb bald (1756). Die beiden Witwen Haude und Spener führten zunächst<br />

das Geschäft allein weiter. 1772 übernahm es Speners zweiundzwanzigjähriger<br />

Sohn, Johann Carl Philipp Spener d. ]., und er war damit auch Herausgeber der „Berlinischen<br />

Nachrichten", die er bis 1827 mit Geschick und Niveau redigierte. Er war ein<br />

weitgereister Mann von profunder Bildung, der enge Beziehungen zu bedeutenden Männern<br />

seiner Zeit unterhielt. Ihm ist die Einführung der ständigen Theaterkritik und eines<br />

regelrechten Feuilletons zu verdanken. Spener war aber auch der erste deutsche Verleger<br />

auf dem europäischen Festland, der seine Zeitung seit dem 25. Januar 1823 auf<br />

der von Friedrich König konstruierten Zylinder-Schnellpresse druckte.<br />

Das allgemeine Bild der Berliner Zeitungen bis zur Märzrevolution 1848 ist nicht gerade<br />

imponierend, wenn es auch hier und dort winzige Glanzpunkte aufweist. Der publizistischen<br />

Wirksamkeit der beiden privilegierten Zeitungen waren enge Grenzen gesetzt. Die<br />

noch neben dem „Berliner Intelligenz-Blatt" kurzzeitig bestehenden Blättchen wie „Mercure",<br />

„Spectateur", „Gazette de Berlin", „Berlinische Damen-Zeitung" und die von<br />

dem Prediger an der Dreifaltigkeitskirche und Pädagogen Johann-Julius Hecker gegründete<br />

„Gelehrte und Politische Zeitung" vegetierten dahin. Der Zensor stand immer wieder<br />

ins Haus. Zu den ärgsten Widersachern des geringen Freiheitsraumes der damaligen<br />

Presse gehörte der Justizminister und Chef des geistlichen Departements, der Rosenkreuzler<br />

Johann Christoph von Wöllner, ein eifernder Gegner der von Frankreich aus-<br />

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