14.12.2012 Aufrufe

Similar

Similar

Similar

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

war er noch immer gegen die „Rrrreaktion" und gegen Bismarck und die fortschreitende<br />

Militarisierung Preußens, doch fehlte es ihm an Alternativen. Ohne den Weitblick für<br />

das Überregionale in der Politik verstand er die wirtschaftlichen und die gesellschaftlichen<br />

Wandlungen der folgenden Jahrzehnte nicht mehr; Glassbrenner war eben kein Politiker.<br />

Betrachten wir nun noch die Form seiner politischen Agitation. Es waren neben den Zeitungen<br />

und Zeitschriften vor allem jene Druckerzeugnisse, die bis in unsere Zeit nur selten<br />

Eingang in die Literatur gefunden haben: die sogenannten Dreigroschenhefte. Er ließ<br />

seine Texte, meist mit tagespolitischem Hintergrund, durch eine Reihe von Berliner Volkstypen<br />

vortragen, die er sich aus der Realität seiner täglichen Umgebung auslieh. Klatschbasige<br />

alte Weiber, Fuhrleute, besoffene und politisierende Eckensteher, Hökerinnen,<br />

Nachtwächter und Dienstmädchen belebten die Szenerie der Straßen, Märkte, Läden und<br />

Kneipen und schufen so mit ihrer ihnen in den Mund gelegten dialektischen Schnoddrigkeit<br />

und mit ihrem entlarvenden Witz jenen freien Spielraum, der notwendig schien, um<br />

Tagesprobleme unterzubringen. Dies wurde von Glassbrenner glänzend gemacht.<br />

Nach seinem Tode geriet auch er über Jahrzehnte in Vergessenheit. Erst zu Beginn<br />

unseres Jahrhunderts erschienen wieder Texte und auch vereinzelt Anthologien seiner<br />

Werke - selten jedoch mit annehmbaren Kommentaren. So bleibt bis zum heutigen Tage<br />

die Frage offen: Glassbrenner - ein kleinbürgerlich-demokratischer Börne-Anhänger und<br />

politisierender Volksdichter oder nur ein „umwerfender" Humorist? Die bislang vorliegende<br />

Sachliteratur ist unzureichend und widersprüchlich.<br />

Literaturhinweise<br />

Robert Rodenhauser: Adolf Glassbrenner. Ein Beitrag zur Geschichte des „Jungen Deutschland"<br />

und der Berliner Lokaldichtung. Nikolassee: Max Harrwitz 1912.<br />

Willi Finger: Adolf Glassbrenner. Ein Vorkämpfer der Demokratie. (Ost-)Berlin: Kongreß-<br />

Verlag 1952.<br />

Adolf Glassbrenner: Der politisierende Eckensteher. Auswahl und Nachwort von Jost Hermand.<br />

Stuttgart: Philipp Reclam jun. 1969. (Universal-Bibliothek Nr. 5226-28).<br />

(Die aufgeführten Bücher verfügen über weiterreichende Literaturhinweise.)<br />

184

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!