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Buchbesprechungen<br />

Robert Springer: Berlin. Ein Führer durch die Stadt und ihre Umgebungen. Leipzig: J. J. Weber 1861.<br />

Faksimile-Ausgabe Bremen: Schünemann 1976. XII, 418 S., 110 Abb. im Text u. 2 Faltpläne, geb.,<br />

36 DM.<br />

Das Dreigespann Friedrich Nicolai - Samuel Spiker - Robert Springer markiert in der Berlinliteratur<br />

jenen Typus der Stadtbeschreibung, der über die historische Aktualität hinaus auch einen künstlerischen<br />

Wert beanspruchen darf. Die Ausgaben entwickelten sich rasch zu bibliophilen Raritäten;<br />

Zeugen dieser Beliebtheit - heute wie vor 50 Jahren - sind die Nachdrucke, die uns in Wort und Bild<br />

das heile, unzerstörte und jetzt weitgehend untergegangene Berlin noch einmal vorführen. Besonders<br />

der Letztgenannte kann als Experte solcher über den bloßen Sachweiser hinausgehender (und das<br />

„Innenleben" gebührend berücksichtigender) Stadttopographien gelten. Springer (1816—1885) war<br />

ursprünglich Lehrer, wurde dann freier Schriftsteller und Verfasser von historischen Romanen,<br />

Jugendschriften, Kunst- und Literaturfeuilletons und brachte auch einige „Kultur"führer über die<br />

preußische Metropole heraus. Bleibenden Ruhm erlangte er mit dem großen Ansichtenwerk ..Berlin<br />

die deutsche Kaiserstadf, vor genau 100 Jahren erstmals erschienen, dessen „photographisch treue"'<br />

Stahlstiche sowie der Text eine Kompilation früherer Arbeiten darstellen. Zu diesen gehört auch der<br />

Stadtführer von 1861. der jetzt in einer ansprechenden Faksimileausgabe vorgelegt wurde.<br />

Springer beschreibt „die sich wunderbar vergrößernde und zu einer Weltstadt gestaltende Residenz"<br />

auf der Grundlage eigener Anschauung, und dieser subjektive Habitus, oft zeitkritisch bis satirisch<br />

durchsetzt, ist bei der Darstellung eines so vielschichtigen Gebildes nicht ohne Reiz. Die geschichtliche<br />

Retrospektive ist notgedrungen knapp und verzichtet auf die Fischerdorf-Legende (im Gegensatz zur<br />

„Kaiserstadf 1877/1883). Um so ausführlicher ist der Stadtrundgang, der - damals wie heute - am<br />

Brandenburger Tor beginnt und bis in die letzte Butike mit ihren „wundersam gemischten Gerüchen"<br />

führt. Schlösser und Gärten, Museen, Denkmäler, Institute und Ministerien werden ebenso beschrieben<br />

wie das Interieur von Gerson's Bazar am Werderschen Markt oder die Raufereien beim Bockbierfest.<br />

Erstaunt liest man von der Schnelligkeit der neu organisierten Feuerwehr und von den 122<br />

Briefkästen in der Stadt, die stündlich (!) geleert wurden, doch alle Wehmut ist verflogen bei der<br />

Nachricht, daß zur Aufgabe einer telegraphischen Depesche „zwei glaubwürdige Zeugen" beizubringen<br />

waren und daß Zahnärzte „nur für die wohlhabende Klasse" existierten. Überhaupt stellt die<br />

Trennung der Stände und Klassen innerhalb der Berliner Bevölkerung für den Autor noch ein großes<br />

Problem dar, das er mit Sarkasmen überspielt. Die isolierte Stellung des Bürgertums sei äußerlich<br />

erst durch die Errichtung der Eisenbahnen, innerlich aber durch die - Einfuhr des bairischen Bieres<br />

gebessert worden. Ob gärungstechnisches Phänomen, ob Konzilianz gegenüber den Erzeugnissen<br />

unserer süddeutschen Stammesbrüder : Lassen wir es stehen als Pointe in einem ebenso grundsoliden<br />

wie ergötzlichen Buch, dem viele nur scheinbar unbekannte Seiten unserer Altvorderen an der Spree<br />

zu entlocken sind. Peter Letkemann<br />

Walter Artelt und Edith Heischkel-Artelt (Hrsg.): Christian IMentzel und der Hof des Großen Kurfürsten<br />

als Mittelpunkt weltweiter Forschung. Hildesheim: Georg Olms Verlag 1976. 176 S., brosch..<br />

50 - DM.<br />

Am 24. und 25. Juni 1975 fand in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz<br />

unter der Leitung unseres im vergangenen Jahr verstorbenen Mitgliedes Walter Artelt ein Symposium<br />

statt, dessen Vorträge nun als Doppelheft des Medizinhistorischen Journals und als separate Veröffentlichung<br />

vorliegen.<br />

Walter Artelt hatte sich schon vor mehr als 40 Jahren zum ersten Mal mit der Person des brandenburgischen<br />

Leibarztes Christian Mentzel befaßt. In seinem einführenden Bericht schildert er die Rolle,<br />

die dieser in Berlin spielte, und geht auf die Forschungen zu dessen so unterschiedlichen Werk ein.<br />

das Medizinisches und Botanisches ebenso umfaßt wie Studien zur Chemie und zur chinesischen<br />

Sprache. Letzten Anstoß zu dem Symposium gab die Ausstellung „China in Europa", die von Septem-<br />

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