14.12.2012 Aufrufe

Similar

Similar

Similar

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Melpomenens und Thaliens Günstling"<br />

Zum 200. Todestag des Schauspieldirektors H. G. Koch<br />

Von Rainer Theobald<br />

Betrachtet man einerseits die „Kränze", die heute etwa einem vor zwei Jahrhunderten<br />

geborenen Maler der Romantik „geflochten" werden, und sucht andererseits vergebens<br />

nach der bescheidensten Zeitungsnotiz, die an den 200. Todestag eines Bühnenkünstlers<br />

erinnern könnte, so erweist das einst arg strapazierte Schillerwort vom „Mimen" noch<br />

immer seine Gültigkeit. Das Kunstwerk des Schauspiels ist erst in unserem Jahrhundert<br />

konservierbar geworden; was weiter zurückliegt, kann nur aus Spielvorlagen, Bildern<br />

und Berichten höchst unzulänglich vor unserem geistigen Auge wiedererstehen. Vollständig<br />

rekonstruierbar ist es auch mit theaterwissenschaftlicher Methodik nicht, weil das<br />

Element „Publikum", dessen unwägbare Rückwirkung auf das künstlerische Produkt<br />

beim Theater viel größer ist als bei der Rezeption anderer Künste, sich solcher Rekonstruktion<br />

entzieht.<br />

Es nützte Heinrich Gottfried Koch 1 nichts, daß er den prominentesten Theaterkritiker<br />

seines Jahrhunderts, der als erster das Problem der Vergänglichkeit der Schauspielkunst,<br />

der „transitonschen Malerei", systematisch untersuchte, daß er Gotthold Ephraim Lessing<br />

zu seinen vielen Freunden und Verehrern zählen konnte. Als der Direktor der „Kochischen<br />

Gesellschaft Deutscher Schauspieler" am 3. Januar 1775 in Berlin gestorben war,<br />

blieb die Leistung seines Lebens noch im Bewußtsein einer Generation erhalten; im<br />

19. Jahrhundert war Heinrich Gottfried Koch nur noch ein Name, der in literaturwissenschaftlichen<br />

Abhandlungen immer wieder erwähnt werden mußte, wenn von literarischen<br />

Größen der Aufklärung die Rede war. 25 Jahre lang hatte er mit fast allen namhaften<br />

Bühnenschriftstellern seiner Zeit Hand in Hand gearbeitet; deren Werke können wir<br />

heute noch lesen, angemessen beurteilen können wir sie jedoch nur, wenn wir die Wirkung<br />

in ihrer Zeit betrachten, wenn wir uns die Existenz- und Produktionsbedingungen<br />

der deutschen Wanderbühnen des 18. Jahrhunderts vor Augen führen, die Heinrich Gottfried<br />

Koch einen lange zu wenig beachteten, aber in vieler Hinsicht bedeutsamen Fortschritt<br />

zu verdanken hatten.<br />

1 So lautet die Reihenfolge der Namen korrekt, nicht „Gottfried Heinrich", wie oft zu lesen<br />

ist. - Über Kodi existiert eine unübersehbare Literatur, jedoch, im Gegensatz zu den anderen<br />

bedeutenden Prinzipalen seiner Zeit, keine wissensdiaftliche Gesamtwürdigung. Paul Legband<br />

(vgl. Anmerkung 23) kündigte bereits 1902 eine „auf archivalisches Material sidi stützende<br />

Darstellung" an, die aber nie erschienen ist. Über Kochs Tätigkeit in Leipzig, Hamburg und<br />

Berlin unterrichten die frühen lokalen Theatergesdiichten von H. Blümner (Leipzig 1818),<br />

J. F. Schütze (Hamburg 1794) und C. M. Plümicke (Berlin 1781). Wichtiges Archivmaterial<br />

ist bei Reden-Esbeck („Caroline Neuber und ihre Zeitgenossen", Leipzig 1881) und vor allem<br />

bei M. Fürstenau („Der Prinzipal Johann Gottfried Heinrich Koch in Dresden 1764 und<br />

1765". In: Almanach d. Genossenschaft dt. Bühnen-Angehöriger, 1875, S. 17-30) abgedruckt.<br />

Einige der zeitgenössischen Quellensdiriften sind in den Anmerkungen 22, 23 und 25 genannt.<br />

Die maschinenschriftliche Dissertation von Elisabeth Prick („Heinrich Gottfried Koch und<br />

seine Schauspielergesellschaft bis zum Bruch mit Gottsched", Frankfurt 1925), die nur die erste<br />

Hälfte seiner Wirkungszeit behandelt, konnte für den vorliegenden Aufsatz nicht benutzt<br />

werden.<br />

IS

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!