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Es begann in Berlin: Hundert Jahre Fernsprecher (1877 — 1977)<br />

Von Gerd Gnewuch<br />

„Meine Herren, diesen Tag müssen wir uns merken", sagte der Generalpostmeister<br />

Heinrich Stephan am 26. Oktober 1877, als die ersten Sprechversuche zwischen dem<br />

Generalpostamt (Leipziger Straße 15) und dem etwa 2 km entfernten Haupttelegrafenamt<br />

(Französische Straße 33 c) erfolgreich verlaufen waren. Es war der Geburtstag des deutschen<br />

Fernsprechwesens, und Stephan selbst hatte das neue Kind der Technik aus der<br />

Taufe gehoben. Kurz zuvor hatte er in einer amerikanischen Zeitschrift vom Telefon des<br />

in Boston lebenden Alexander Graham Bell gelesen und sofort die Bedeutung des Gerätes<br />

als umfassendes Kommunikationsmittel erkannt. Stephan ließ sich von dem in Berlin<br />

weilenden Leiter des Londoner Haupttelegrafenamts zwei Beil-Telefone beschaffen, die<br />

am 25. Oktober 1877 im Gebäude des Generaltelegrafenamts (Französische Str. 33b/c)<br />

erprobt wurden, einen Tag vor dem oben erwähnten „Geburtstag".<br />

Bald danach wurden weitere Versuche, im Fernverkehr über Telegrafenleitungen, zwischen<br />

Berlin und den Orten Schöneberg (6 km), Potsdam (26 km), Brandenburg (61 km) und<br />

Magdeburg (150 km) abgewickelt. Am 12. November 1877 ließ Stephan das Telefon, das<br />

er in „Fernsprecher" umbenannte, dem Reichskanzler Fürst Bismarck in Varzin und am<br />

25. November dem Kaiser in seinem Berliner Palais vorführen. Aber damit war der<br />

Siegeszug des Fernsprechers noch nicht gesichert. Den Anfang dazu machte die Reichs-<br />

Post- und Telegrafenverwaltung selbst, die das von Siemens nachgebaute und verbesserte<br />

Beil-Gerät als Hilfsmittel im Telegrafendienst einsetzte. Die erste Telegrafenbetriebsstelle<br />

arbeitete damit seit dem 12. November 1877 in Friedrichsberg bei Berlin. 18 weitere<br />

Postanstalten, darunter die in Britz, Friedrichsfelde, Reinickendorf, Weißensee und<br />

Wilmersdorf, schlössen sich an. Deutschland war somit das erste Land der Welt, das den<br />

Fernsprechverkehr in den öffentlichen Nachrichtendienst einführte.<br />

Aber Stephan kam mit seinem bereits Ende 1877 gefaßten Vorsatz, den Fernsprecher auch<br />

dem privaten Nachrichtenverkehr nutzbar zu machen, nicht voran. Bei den Berlinern galt<br />

das von Siemens für 12 Goldmark angebotene Gerätepaar als technisches Spielzeug, über<br />

das Witzblätter gern herfielen. Auch unter der Berliner Kaufmannschaft fanden sich<br />

anfangs keine ernsthaften Interessenten, obwohl Emil Rathenau, der spätere Begründer<br />

der AEG, in Stephans Auftrag werbend tätig war. Der in seinen Bemühungen wenig erfolgreiche<br />

Rathenau klagte, daß „die Einwohner unserer Stadt neuen Einrichtungen gegenüber<br />

stets ungewöhnliche Kälte bewahrt haben". Doch Stephan ließ nicht locker. Gewarnt<br />

durch die Absicht des Bankiers Gerson von Bleichröder, ein privates Fernsprechnetz einzurichten,<br />

ließ Stephan seine weitreichenden Beziehungen bei den Berliner Unternehmen<br />

spielen. Zwar blieb ein Aufruf an die Berliner Öffentlichkeit (14. Juni 1880) zur Beteiligung<br />

an einer „Stadtfernsprecheinrichtung" ohne Resonanz, die Behörde begann aber<br />

trotzdem (Winter 1880) mit dem Bau der Anlage. Schließlich konnte am 12. Januar 1881<br />

die erste deutsche Fernsprechvermittlungsstelle beim Haupttelegrafenamt in Berlin mit<br />

acht Teilnehmern einen Versuchsbetrieb aufnehmen. Die ersten wagemutigen Teilnehmer<br />

waren: sechs Banken, die Direktion der Großen Berliner Pferdeeisenbahn-Aktiengesellschaft<br />

und Cäsar Wollheim (Kohlen und Metalle). Am 1. April 1881 trat die „Berliner<br />

Stadtfernsprecheinrichtung" mit 48 Anschlüssen, darunter neun Börsensprechstellen, aus<br />

dem Versuchsstadium an die Öffentlichkeit. Das erste Teilnehmerverzeichnis, ein Heft-<br />

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