Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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also auf circa 40 Grad Celsius, erhitzt werden (Warme Milch 4 Nennungen). In der<br />
Zeitspanne zwischen dem zehnten und 20sten Lebenstag des Kalbs ist es besonders<br />
anfällig <strong>für</strong> Durchfall. Um dem vorzubeugen, wird die Milch drei Tage stehen gelassen, bis<br />
sie sauer und somit leichter verdaulich wird (Säuerliche Milch 1 Nennung). Manche<br />
Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner sprechen auch vom „Brechen“ der Milch. Es<br />
wird ein Schuss Rotwein (5.2.1.1), Schnaps (5.2.1.4) oder Apfelessig (in diesem<br />
Zusammenhang 1 Nennung) in die warme Milch gemischt, welche dann feinflockig bricht.<br />
Labpulver (1 Nennung) und saure Molke (Milchsur 1 Nennung) dienen demselben Zweck.<br />
Dass immer frisches, sauberes Wasser zur Verfügung stehen soll, wird auch als ein<br />
positiver Faktor <strong>für</strong> die Gesunderhaltung der Rinder betrachtet (Wassertränken 4<br />
Nennungen). Bevor es Selbsttränken gab, an denen die Rinder jederzeit trinken können, hat<br />
man die Rinder zweimal täglich hinaus an die Tränke gelassen. Auf diesem Gang konnten<br />
die Landwirtinnen und Landwirte genau beobachten, ob ein Rind Anzeichen <strong>für</strong> Krankheit<br />
zeigt, und die Kühe haben ihre Brunstzeit viel deutlicher zum Ausdruck gebracht als im<br />
Anbindestall. Außerdem haben die Rinder auf diesem Weg Bewegung, frische Luft und<br />
Tageslicht bekommen.<br />
„Also man hat in diesem Gang zum Trog, hat man sehr viel an Beobachtung<br />
gemacht. Das ist ja heute wieder das Problem mit der Ganzjahreshaltung, mit<br />
Computerfütterung und so weiter, dass man nicht mehr beobachtet. Und daher war<br />
die Selbsttränke eher ein Rückschritt von der Tiergesundheit her.“ (GP3)<br />
5.3.2.3 Schweineschmalz<br />
Das ausgelassene Fett von geschlachteten Schweinen (Schweineschmalz insgesamt 8<br />
Nennungen, davon 5 in Kombinationen) war früher auf fast jedem Bauernhof des<br />
Walsertals verfügbar. Es diente als Grundstoff <strong>für</strong> Salben, wurde aber auch in Reinform<br />
sowie innerlich verabreicht. Nach Angaben der Gesprächspartner und<br />
Gesprächspartnerinnen wurden geschlossene Wunden, Verhärtungen, Entzündungen,<br />
Geschwülste und Blutergüsse mit warmem Schweineschmalz bestrichen und mit einem<br />
Tuch verbunden. Nach mehrmaliger Wiederholung brechen Geschwülste auf, Wundwasser<br />
und Eiter treten aus und die Verletzung kann ausheilen. Ein Gemisch mit Zwiebeln (Allium<br />
cepa) wird erhitzt und den Kälbern auf den Nabel gestrichen, um Nabelentzündungen zu<br />
vermeiden und vor Nässe zu schützen. Schweineschmalz vermischt mit Knoblauch (Allium<br />
sativum) wird Rindern bei Magerkeit verfüttert, um den Appetit anzuregen. Manche Kühe<br />
fressen das Schweineschmalz gerne freiwillig, anderen muss man es in den Rachen<br />
schieben. Bei den im Kapitel Pansenstich (5.3.2.10) beschriebenen Blähungen auf Grund<br />
von frischem Gras wurde das Rind außerhalb des Stalls angebunden und durch eine Kette<br />
im Maul zum Kauen angeregt. Die Kette kann auch durch einen Stecken des<br />
Holunderstrauchs (Sambucus nigra) ersetzt werden. Außerdem wurde der Kuh eine<br />
apfelgroße Menge Schweineschmalz verfüttert, das den Rachen eingefettet hat, damit die<br />
gefährlichen Gase leichter über den Schlund austreten konnten. Soweit es möglich war, hat<br />
man den gefährdeten Kühen auch schon vorbeugend Schweineschmalz gegen Blähungen<br />
gegeben. Nach dem Abkalben kamen manche Kühe in den Genuss eines<br />
Schweineschmalzbrotes mit Äpfeln (5.3.2.5 Brot und Trank). Wenn die Nachgeburt nicht<br />
innerhalb von sechs Stunden ausgeschieden wurde, hat man früher den Rücken der Kuh<br />
mit Schweineschmalz bestrichen, mit einer Decke abgedeckt und dann gebügelt. Die alten<br />
Kohlebügeleisen waren da<strong>für</strong> gut geeignet, weil sie ohne Strom funktionierten.<br />
5.3.2.4 Brennsuppe<br />
Brennsuppe (4 Nennungen) wird den Kälbern bei Durchfall zu trinken gegeben. Kühen<br />
wird sie auch zur Kräftigung und zum Anregen des Kreislaufs, sowie bei Fieber,<br />
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