Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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Abbildung 64: Ein viel verwendeter Fliadr mit dazugehöriger Kette<br />
Der Aderlass scheint, wie auch das Gällna oder das Klauenschneiden, eine reine<br />
Männerangelegenheit zu sein. Eine Gesprächspartnerin hat erzählt, dass ihre Aufgabe beim<br />
Aderlass war, der Kuh mit einem Tuch die Augen zuzuhalten, damit sie nicht mitbekommt<br />
was passiert. Sie selbst hat es auch vorgezogen, nicht hinzusehen. Eine weitere Parallele<br />
zur Geburtshilfe und zum Gällna ist das Spezialistentum der Bauern und Bäuerinnen:<br />
„Früaha da hat´s eifach de gwissna Leut gee, die eina die z´Ader lassn, und die einer wo<br />
gällnat hän. (…) des sind a so Erfahrungswerte, wia ma des macht.“ (GP21A) Die<br />
Tierärzte führen den Aderlass auch durch, jedoch ohne von der Wirksamkeit überzeugt zu<br />
sein. „I mach a immer weniger, oft die alten Bauern wollen des.“ (GP2) Sie verwenden<br />
eine Kanüle, die in die Milchader, die am Bauch entlang bis zum Euter verläuft, gestochen<br />
wird. Ein Gesprächspartner hat erzählt, dass er es eine Zeitlang genauso gemacht hat, beim<br />
Melken nebenbei, aber wieder zu der oben beschriebenen Technik zurückgekehrt ist.<br />
Auch Menschen lassen sich am Arm Blut abzapfen. Oft wurde angegeben, dass sie zu den<br />
gleichen Spezialisten beziehungsweise Spezialistinnen gehen, die auch die Tiere z´Aodr<br />
loo. Als Erklärung wird angeben, dass altes, verbrauchtes Blut abgegeben wird, um eine<br />
Erneuerung mit frischem Blut zu erreichen.<br />
5.3.2.13 Gällna<br />
Wenn man nicht genau weiß, was mit einer Kuh los ist,<br />
wenn sie nicht richtig gesund und nicht richtig krank ist,<br />
sagt man eine Kuh ist gällig. Symptome sind ein stumpfes<br />
Haarkleid, lederbündige Haut, die sich mit den Fingern<br />
kaum von den Rippen wegziehen lässt, Schwäche und<br />
Magerkeit. „Sie ist wohl ned krank, aber sie hat ned den<br />
Humor.” (GP28A) Genaue Ursachen <strong>für</strong> diesen Zustand<br />
können nicht ausgemacht werden und alle anderen<br />
Behandlungen zeigen keinen Erfolg. Einer der<br />
interviewten Tierärzte behandelt in diesen ungewissen<br />
Fällen den häufig vorkommenden Leberegel. Die<br />
Landwirte und Landwirtinnen haben jedoch eine andere<br />
Therapie, die Gällna genannt wird (7 Nennungen), die<br />
schlechtes Blut reinigen,<br />
beziehungsweise Säfte aus Leber und<br />
Galle ziehen soll. Die gesamte Prozedur<br />
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Abbildung 65: Ein Gesprächspartner zeigt seinen<br />
Gallwurzelstock im Garten