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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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Geburtshilfe, das Klauenschneiden, der Pansenstich, Schnitte und der Aderlass<br />

dokumentiert.<br />

Weitere Ergebnisse aus den Gesprächen mit den Gesprächspartnerinnen und<br />

Gesprächspartnern umfassen die geschichtlichen Veränderungen in der Tierheilkunde. Es<br />

wird auf die Unterschiede in der Nutztierhaltung im Vergleich von früher zu heute<br />

eingegangen. Auch die Tierkrankheiten waren früher andere als heute. Die Tierheilkunde,<br />

wie sie von den Bäuerinnen und Bauern selbstständig praktiziert wird, hat sich durch das<br />

Aufkommen der Veterinärmedizin gewandelt und wurde stark zurückgedrängt. Die Gründe<br />

<strong>für</strong> und wider die Anwendung von Hausmitteln sind vielfältig. Das wichtigste Argument<br />

<strong>für</strong> die Anwendung von Hausmitteln sind die hohen Tierarztkosten und dagegen spricht<br />

vor allem die langwierige Behandlung und Genesung. Weitergegeben wird das Wissen um<br />

die Tierheilkunde meist von der älteren an die jüngere Generation, aber auch im Austausch<br />

der Landwirte und Landwirtinnen einer Altersgruppe untereinander. Es gab und gibt noch<br />

immer einige Spezialistinnen und Spezialisten die allgemein oder in Teilbereichen der<br />

Tierheilkunde profundes Wissen angesammelt haben. Sie stehen ihren Nachbarn und<br />

Bekannten wie jeher mit Rat und Tat zur Seite, wenn es ein Gesundheitsproblem im Stall<br />

zu behandeln gilt.<br />

Der letzte Themenbereich umfasst die religiösen Bräuche und Praktiken, die mit der<br />

Gesunderhaltung und Krankheitsbehandlung von Nutztieren in Verbindung gebracht<br />

werden. Am Heiligdreikönigstag werden unter anderem Salz, Wasser und Weihrauch<br />

geweiht. Das Salz wird zu diesem und anderen Anlässen den Tieren verfüttert und<br />

Weihwasser, sowie Weihrauch, wird zum Segnen der Tiere verwendet. Zu Ostern lassen<br />

viele Bewohner und Bewohnerinnen des Tals einen Palmbuschen weihen, der dann<br />

ebenfalls zum Räuchern verwendet wird und auch im Stall aufgehängt wird. Zum<br />

Alpauftrieb und -abtrieb werden die Tiere auch auf unterschiedliche Weise geweiht, und<br />

die gesamte Alpe wird von einem Geistlichen gesegnet. An Maria Himmelfahrt wird ein<br />

Kräuterbuschen geweiht, über den der kirchliche Segen auf die Tiere übertragen wird.<br />

Neben einem Erntedankbrauch und der Segnung des Kapuzinerordens gibt es noch die<br />

Praxis, die von zwei Gesprächspartnern und einer Gesprächspartnerin ausgeübt wird: die<br />

Behandlung von Warzen und Schab mit Hilfe von Gebeten und Gesten.<br />

Das Dreiecksverhältnis aus Pflanze, Tier und Mensch stellt ein spannendes Forschungsfeld<br />

dar. Die Sichtbarmachung und Anerkennung des lokalen Erfahrungswissens über die<br />

pflanzliche Vielfalt ist ein Anliegen des gesamten Projekts. Da das alte Wissen vergessen<br />

zu werden droht, kann mit der vorliegenden Arbeit ein kleiner Beitrag zum Erhalt dieses<br />

immateriellen, kulturellen Erbes beigetragen werden.<br />

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