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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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„Damals war ka Telefon, kein Auto, bis da Tierarzt da war, wars bei manchen<br />

Dingen zu spät. Wie dann die Güterwege gebaut wurden und die Tierärzte<br />

motorisiert waren, oder, da is ja fließend zurück gegangen“ (GP28A)<br />

„Früher hat ma ja koan Doktor auf der Alp ghabt, da hat ma alles selber<br />

machen müssn.“ (GP16A)<br />

Früher war das Hauptaugenmerk darauf gerichtet, ein Tier nicht zu verlieren und es gesund<br />

zu pflegen, damit es wieder Milch, Fleisch und andere Rohstoffe gibt. Der Arbeitsaufwand<br />

mit den Hausmitteln war im Vergleich zum Wert des Tieres ein kleines Opfer. Früher hat<br />

man einer laktierenden Kuh, die nicht trächtig geworden ist, auch mal ein Jahr Pause<br />

gegönnt und sie geschont. Heute sind so lange Ausfallzeiten schon Grund <strong>für</strong> den Verkauf.<br />

„Das ist Einzelbetreuung im Krankheitsfall - die war da intensiver. Da hat<br />

man nicht auf Arbeit geschaut und Hauptsache man hatte Erfolg, dass ma das<br />

Tier wieder gesund hergebracht hat und wenn möglich ohne Tierarztkosten.”<br />

(GP28A)<br />

Der hohe Preis <strong>für</strong> die tierärztliche Behandlung ist früher wie heute einer der wichtigsten<br />

Gründe <strong>für</strong> die Behandlungs- und Gesunderhaltungsmaßnahmen in Eigenregie. Doch auch<br />

das Wohlergehen der Kuh wird im selben Atemzug genannt, da die Veterinärmedizin in<br />

manchen Fällen trotz intensiver Behandlung nicht erfolgreich ist.<br />

„Wenn ma´s glei gmacht hätt (Anmerkung der Autorin: das Gällna), hätt ma<br />

der Kuah viel Leid erspart, die hat viel mitgmacht. Der Tierarzt hat gsagt - der<br />

hat halt gspritzt und gspritzt und gmacht und Medikamente und Pulver<br />

neigleert und Infusiona und Sacha halt - <strong>für</strong> a schweres Geld, oder - hat ma da<br />

dokteret und des da kostet nix oder.“ (GP21A)<br />

Heute wendet man Hausmittel auch als „letzte Rettung“ an, wenn die Veterinärmedizin<br />

versagt (5.2.1.3 Meisterwurz). Was auch <strong>für</strong> den Griff zu Hausmitteln spricht, ist eine<br />

einfache Anwendung, und wenn jemand zur Verfügung steht, der bei arbeitsintensiven<br />

Behandlungen mithilft. Einer Gesprächspartnerin macht es auch Spaß, Hausmittel zu<br />

verwenden. Eine andere spricht vom Bewusstsein, das sie am Hof haben, über<br />

Landwirtschaft, Tierhaltung und Tiergesundheit im Allgemeinen. Sie erzählt, dass sie<br />

dieses Bewusstsein von ihrem Vater hat, welcher sie sehr viel lehrt. In ihren Augen zeugt<br />

es zum Beispiel von Bewusstsein, wenn man einer Kuh, die die Milch nicht „ runter lässt“<br />

ihr Kalb dazustellt, damit sie es sehen, riechen und ablecken kann. Ein Landwirt ist sehr<br />

überzeugt von der Wirksamkeit der Hausmittel und scheint stolz darauf zu sein, fast nur<br />

mehr zur Trächtigkeitskontrolle eine Tierärztin oder einen Tierarzt zu benötigen und alles<br />

andere selbst behandeln zu können. Einer der Tierärzte fasst einige Gründe, die <strong>für</strong> die<br />

Anwendung von Hausmitteln sprechen zusammen: Hausmittel sind frei erhältlich, es<br />

müssen keine Wartezeiten eingehalten werden, sie sind unbedenklich und sehr günstig oder<br />

sogar kostenlos.<br />

Gründe gegen die Anwendung von Hausmittel<br />

Ein großer Grund der gegen die Anwendung von Hausmitteln spricht ist der Zeitfaktor. Die<br />

Behandlungen sind oft zeitaufwendig und müssen mehrmals wiederholt werden. Es kann<br />

sich über Wochen hinziehen, bis eine Kuh wieder gesund ist und Milch gibt, was<br />

heutzutage als unwirtschaftlich gilt, da immer mehr Tiere von immer weniger Landwirten<br />

und Landwirtinnen betreut werden sollen. Erstens wird die Zeit <strong>für</strong> die Behandlung, und<br />

zweitens der Genesungszeitraum als zu lange befunden. Nach Aussagen der<br />

Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen haben vor allem Jüngere nicht genug Geduld<br />

und Ausdauer. Einer der befragten Tierärzte erzählt, dass auch er - vor allem aus<br />

Kostengründen - nicht viel Zeit in die Behandlung der Tiere investieren kann. Spätestens

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