Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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hatte man auch einen größeren Schaden. Ein Gesprächspartner erzählt, dass die Pferde bei<br />
der Behandlung mit Hausmitteln grundsätzlich „dankbarer“ waren und sie es „mehr zu<br />
schätzen wussten“ als die Kühe. Diese haben zum Beispiel einen Eimer <strong>für</strong> ein Fußbad erst<br />
dreimal gegen die Wand getreten, bevor sie ruhig geworden sind und gemerkt haben, dass<br />
es ihnen gut tut.<br />
„Im Berggebiet war das früher fast der Untergang, wenn ma a Kua schlachten<br />
musste. Heute wird schnell gemetzgert, aber wenn man drauf schaut, gibt’s<br />
heut auch noch alte Kühe.“ (GP21A)<br />
„Da hascht von dem glebt, ob du a Kuah gha häsch oder nid gha häsch.<br />
Wenn´d koa gha häsch, bist du arm gse, oder, und wenn´d a Kua gha häsch<br />
bist riich gsi im Prinzip, oder, weil du hasch Milch gha, oder. Und da hat ma<br />
natürlich nu mehr Bedeutung zuamessa und vieles verschwindet des, oder.“<br />
(GP7A)<br />
Einer der gravierenden menschlichen Eingriffe in der Rinderhaltung war die Einführung<br />
der künstlichen Besamung, die im Tal ab den späten 1960er durchgeführt wurde.<br />
Außerdem werden heute auch ungefähr 90 Prozent aller Rinder enthornt. Nach Aussagen<br />
eines Gesprächspartners wirkt sich das negativ auf die Qualität der Milch aus. Außerdem<br />
ist der vor allem auf der Alpe sehr wichtige Gleichgewichtssinn durch fehlende Hörner<br />
beeinträchtigt. Er hat auch beobachtet, dass hornlose Kühe aggressiver gegenüber den<br />
anderen Herdentieren sind, was schon zum Absturz einer seiner Kühe geführt hat. Seine<br />
Überzeugung ist: „Was da Herrgott wachsen lasst, soll ma ned obaschneidn.“ (GP9)<br />
5.1.2 Tierkrankheiten bei Nutztieren<br />
Einige Krankheitsbezeichnungen, die in den Gesprächen verwendet wurden, sind regionale<br />
Dialektbezeichungen. Um die deutschen beziehungsweise lateinischen Namen abzuklären,<br />
wurden die beiden Tierärzte befragt, die auch fast alle regionalen<br />
Krankheitsbezeichnungen kannten. Die Dialektbezeichnungen aus den Vorarlberger<br />
Regionen Monatafon und Bregenzerwald wurden hinzugefügt, insofern sie von den<br />
Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen verwendet wurden (Tabelle 4: Regionale<br />
und medizinische Krankheitsbezeichnungen mit Beschreibungen des Krankheitsbildes).<br />
Tierkrankheiten die früher Probleme breitet haben<br />
Die Rinder waren früher generell robuster und wurden seltener krank. Früher war man<br />
auch teilweise mit anderen Krankheiten konfrontiert. Ansteckende, seuchenartige<br />
Krankheiten sind noch lebhaft in Erinnerung. Eine als „Geißel“ bezeichnete Seuche war<br />
die Maul- und Klauenseuche, die nach Angaben eines Gesprächspartners im Jahr 1976 das<br />
letzte Mal im Tal aufgetreten ist. Lange ist kein Antibiotikum zur Verfügung gestanden<br />
und betroffene Höfe oder gar ganze Dörfer wurden unter Quarantäne gesetzt. Übertragen<br />
wurde die Krankheit nicht nur über den direkten Kontakt sondern auch indirekt, zum<br />
Beispiel über den Wind. Man hat den Tieren die betroffenen Klauen und Mäuler mit<br />
Meisterwurz gebadet und alle möglichen Hausmittel ausprobiert. Außerdem hat man ihnen<br />
viel Flüssigkeit zu trinken gegeben und das Heu klein geschnitten, weil sie nicht gut kauen<br />
konnten. Aus demselben Grund wurde auch feineres Heu aus dem 2. Schnitt, das<br />
Grummet, verfüttert. Die Tiere haben die Maul- und Klauenseuche großteils überlebt,<br />
waren aber in schlechtem Zustand.<br />
Auch die Lungenkrankheit Tuberkulose war eine schwere Seuche, die in die 1970er Jahre<br />
auch im Walsertal vorkam. Auf manchen Betrieben kam es zur Schlachtung ganzer<br />
Viehbestände. Durch obligatorische Impfungen wurde die Tuberkulose jedoch erfolgreich<br />
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