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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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Räuchern<br />

Wenn die Landwirte und Landwirtinnen nicht die Sternsinger in den Stall schicken, um<br />

dort zu räuchern, übernehmen sie das teilweise selbst. Die jeweilige Substanz wird auf ein<br />

Stück Glut aus dem Ofen in eine Pfanne gelegt und verbrennt unter Entwicklung von<br />

Rauch, der den Duft der Pflanze oder des Harzes transportiert. Als Räucherwerk am<br />

häufigsten genannt wurden Weihrauch und Teile des Palmbuschens, aber auch geweihte<br />

Mariahimmelfahrtskräuter, Myrrhe, Meisterwurz, Wacholder, Fichtenzweige und selbst<br />

zusammengestellte Kräutermischungen. Wenn Weihrauch verwendet wird, handelt es sich<br />

nach Angaben eines Gesprächspartners auf jeden Fall um eine Glaubensangelegenheit,<br />

„eine Gepflogenheit, die mit der Hoffnung auf Glück verbunden war und auf Gesundheit.“<br />

(GP28A) Eine Landwirtin bezeichnet diese Räucherung als Exorzismus, mit dem alles<br />

Negative verbannt wird. Ein anderer Landwirt spricht in diesem Zusammenhang vom<br />

Austreiben böser Geister. Er hat in Haus und Stall geräuchert, wenn es „notwendig“ war,<br />

was jedoch schon sehr lange her war. Das Räuchern ist im Großen Walsertal traditionell<br />

nicht sehr weit verbreitet, „des Räuchern war bei uns eher unbekannt. Also bei uns daheim<br />

hat man´s ned gepflegt.“ (GP3) Die Schwester dieses Gesprächspartners hat angegeben,<br />

dass ihre Mutter Angst hatte, es könnte anfangen zu brennen und sie dem Räuchern<br />

deshalb das Spritzen von Weihwasser vorgezogen haben.<br />

Im Kreis der Alchemilla-Gruppe hat das Räuchern jedoch eine neue Bedeutung erlangt. Im<br />

Jahr 2009 wurden zwei Kurse dazu angeboten und auch bei anderen Veranstaltungen<br />

wurde schon geräuchert. Die Bäuerin, die die Zutaten ihrer Räuchermischung genannt hat,<br />

ist ebenfalls in der Alchemilla-Gruppe und hat sich auch ein Buch zum Thema besorgt. Sie<br />

erzählt, dass sie zum Räuchern vor allem heimische Pflanzen verwendet und nennt<br />

folgende Pflanzenarten: Rose (Rosa sp.), Königskerze (Verbascum densiflorum), Lavendel<br />

(Lavendula angustifolia), Eisenkraut (Verbena officinalis), Beifuß (Artemisia vulgaris),<br />

Quendel (Thymus pulegioides), Peru-Salbei (Salvia discolor). Außerdem verwendet sie<br />

Weihrauch, Myrrhe, Meisterwurz und die Wurzel des Alant (Inula helenium). Sie räuchert<br />

an Heilig Dreikönig, wie viele andere Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner auch.<br />

Ein zweiter häufig genannter Räuchertag ist Weihnachten. Wenn es ein Problem im Stall<br />

gibt, wird zum gegebenen Anlass geräuchert. Eine Gesprächspartnerin erzählt, dass man<br />

früher bei Todesfällen und ansteckenden Krankheiten geräuchert hat, um die Luft zu<br />

entkeimen. Auch beim Ausräuchern<br />

der Ställe mit Meisterwurz wurde die<br />

desinfizierende Wirkung der Pflanze<br />

als Grund genannt. „Das ischt a ganz<br />

natürliche Sache, die hat nix mit<br />

Glauben zu tun gehabt sondern mit<br />

der Wirkung.“ (GP28A)<br />

Wenn man von einem Stall in den<br />

anderen gewechselt ist oder wenn ein<br />

Stall neu gebaut beziehungsweise<br />

umgebaut wurde, ist man auch oft<br />

eine Runde mit der Räucherpfanne<br />

durch den Stall gegangen. Eine ältere<br />

Gesprächspartnerin erzählte, dass dies<br />

wegen der Wärme gemacht wurde,<br />

zweifelte jedoch daran, dass es viel<br />

gebracht hat. Ein Landwirt räuchert<br />

auch Nabelentzündungen beim Kalb<br />

mit Meisterwurz (Abbildung 19). Er<br />

114<br />

Abbildung 69: Räuchern anlässlich Heilig Dreikönig<br />

im Schafstall

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