Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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ei welchen Krankheiten und Tierarten sie angewendet werden, wie die Hausmittel wirken<br />
und wann sie das letzte Mal verwendet wurden. Diese in der zweiten Runde erhobenen<br />
Daten stellen die Basis <strong>für</strong> die Kapitel 5.2.1.1 bis 5.2.1.14 dar ( Die am häufigsten<br />
genannten pflanzlichen Hausmittel). Außerdem wurden zwei detaillierte Fragen über<br />
religiöse Bräuche, die verschiedene Pflanzenarten miteinschließen, gestellt. Ein Rating<br />
(Bernard 2002:375) lieferte zusätzliche Daten, wie wichtig Hausmittel im Gegensatz von<br />
früher zu heute eingeschätzt wurden. Jedes Hausmittel wurde von den<br />
Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern als sehr wichtig, wichtig, nicht so wichtig<br />
oder unwichtig eingestuft. Für zwei befragte Tierärzte 8 wurde auf der Basis der bis Januar<br />
2010 durchgeführten Forschung ein separater Gesprächsleitfaden VET (12.4) erstellt.<br />
Diese am Ende des Forschungsaufenthalts durchgeführten Interviews waren wichtig, um<br />
zum einen regional verwendete Krankheitsbezeichnungen deutschen Namen zuzuordnen<br />
und zum anderen die Einstellungen und Meinungen der Tierärzte kennenzulernen.<br />
4.2.3 Pretest<br />
Gesprächsleitfaden I und II wurden auf Anwendbarkeit und Verständlichkeit bei schon<br />
bekannten Personen im Großen Walsertal getestet. In beiden Fällen wurden Fragen<br />
geringfügig umformuliert oder in der Reihenfolge verändert. Die Freelist-Frage war im<br />
Testinterview jedoch nicht offen genug formuliert, sie lautete: „Welche pflanzlichen<br />
Hausmittel kennst du, die man verwenden kann, wenn ein Tier krank ist?“ Der<br />
Gesprächsverlauf war durch diese Frage dennoch zu stark eingeengt. In Absprache mit<br />
dem Projektleiter wurde entschieden, das Wissen um die Hausmittel allgemein zu erheben<br />
und erst in der Auswertung auf pflanzliche Hausmittel zu fokussieren. Die umformulierte<br />
Freelist-Frage, die ab dem zweiten Interview verwendet wurde, war sehr gut anwendbar<br />
und es wurden keine Änderungen mehr durchgeführt. Sie lautete: „Kannst du/Können Sie<br />
mir bitte alle Hausmittel nennen, die man verwenden kann, wenn ein Tier krank ist?“<br />
4.2.4 Teilnehmende Beobachtung<br />
Die Methode der „teilnehmenden Beobachtung“ (Bernard 2002:322) stellt ein<br />
Schlüsselelement und ein Hauptcharakteristikum der Kultur- und Sozialanthropologie dar.<br />
Sie setzt die Integration in die Alltagswelt des Forschungsfeldes voraus. Die Unterkunft<br />
wurde bewusst in einem landwirtschaftlichen Betrieb gewählt, um das Leben am Hof<br />
möglichst nah mitzuerleben und auch im Betrieb mitzuhelfen. Bei sozialen Ereignissen, bei<br />
der Mitarbeit und anderen sich bietenden Möglichkeiten wurde die Methode der<br />
teilnehmenden Beobachtung angewandt. Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner<br />
gewährten Zutritt in ihre Lebenswelt und offenbarten auch ihre unvorbereiteten Seiten. Da<br />
die Zeitspanne der Feldforschung relativ kurz war, war es nicht möglich, sich gänzlich in<br />
die Gesellschaft zu integrieren. Durch die Kontakte über das Projekt ergaben sich jedoch<br />
zahlreiche Situationen, die eine wertvolle Ergänzung zur rein verbalen Information<br />
darstellten. Im täglichen Leben mit den Tieren und Pflanzen zeigte sich die Art und Weise,<br />
wie etwas gemacht wird, die Umgangsformen und Verhaltensweisen. Da lokales<br />
Erfahrungswissen oft durch learning by doing vermittelt wird, ist die reine Beobachtung<br />
eine angemessene Methode, insbesondere um praktische Vorgänge, Fertigkeiten und<br />
nonverbales Wissen zu erfassen (Vogl et al. 2004:292). Es geht bei der teilnehmenden<br />
Beobachtung einerseits um das Eintauchen in die Kultur, und andererseits darum, sich<br />
trotzdem jeden Tag herauszunehmen, um über das Erlebte zu reflektieren und<br />
8 In Bezug auf die Tierärzte wird durchgehend die männliche Form verwendet, weil beide männlich sind.<br />
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