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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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kleines, sehr scharfes Messer mit einer dreieckigen, beidseitig schneidenden Klinge. Von<br />

verschiedenen Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen wurde drei Mal ein- und<br />

dieselbe Variante gezeigt, aus rostfreiem Edelstahl, mit drei verschieden starken Klingen<br />

und der dazugehörigen Kette. Es gibt aber auch eine einfachere Ausfertigung. Welche<br />

Klinge verwendet wird, richtet sich nach der Stärke der Kuhhaut. Außerdem braucht man<br />

noch ein Holzscheit, von der Art eines Werkzeuggriffs. Jetzt muss mit einem Schlag die<br />

Klinge in die Halsschlagader getrieben werden, indem mit dem Holzscheit auf die<br />

Hinterkante des Fliadr geschlagen wird. Sobald die Klinge herausgezogen wird, spritzt das<br />

Blut auch schon mit Kraft aus der Ader und wird in einem Eimer aufgefangen.<br />

Abbildung 63: Der Fliadr wird in die Ader geschlagen. Der Vater steht diesem Jungbauern<br />

bei jedem Aderlass mit Rat und Tat zur Seite, auch die verwendeten Werkzeuge<br />

stammen von ihm (links). Der Blutstahl schießt anfangs mit Druck aus der Vene und<br />

wird dann schwächer (rechts).<br />

Es wird das sauerstoffarme, vom Herzen kommende Blut an der Kopfseite der Schnur<br />

abgezapft. Die Angaben, wie viel Blut abgelassen werden soll schwanken zwischen zwei<br />

und zehn Litern. Viele Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen haben angegeben, es<br />

sollten mindestens drei oder vier Liter sein, „zu wenig nützt nix, des hatte mein Großvater<br />

immer gsagt.“ (GP27) Als Richtwert wurde öfters 1 Liter Blut pro 100 Kilo<br />

Körpergewicht genannt. In dem beobachteten Fall waren es fünf Liter, die auf der Skala<br />

des Eimers abgemessen wurden. Nach circa sieben Minuten wurde dann die Schnur wieder<br />

aufgeknotet und die Blutung hat von alleine aufgehört. Wenn das einmal nicht der Fall sein<br />

sollte, wird entweder auf die Wunde geschlagen oder mit einem Holzscheit ein<br />

Druckverband angelegt. Nach der Behandlung ist die Kuh etwas benommen und scheint<br />

sich erst wieder orientieren zu müssen. Nach Angaben der Gesprächspartner und<br />

Gesprächspartnerinnen baut sie das verlorene Blut innerhalb eines Tages wieder auf. Das<br />

Blut wird dann an die Schweine verfüttert, dann haben sie zwar einen roten Kopf, aber<br />

„des isch ja Leben.“ (GP17) Früher wurde aus dem Blut auch manchmal eine Mahlzeit <strong>für</strong><br />

die Familie gekocht.<br />

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