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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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Die Tierheilkunde befasst sich jedoch nicht nur mit der Heilung von akuten Krankheiten<br />

und Beschwerden, sondern es wird schon im Vorfeld darauf geachtet, dass die Tiere gar<br />

nicht erst krank werden. Gesunderhaltung und Vorbeugung sind ebenso wichtig wie<br />

Heilung und Linderung. Die Gründe <strong>für</strong> eine Krankheit sind sowohl <strong>für</strong> die Prophylaxe als<br />

auch <strong>für</strong> die Diagnose entscheidend. „Man hat von Unglück im Stall geredet, dabei war a<br />

falsche Methode dabei (…). Das Wissen um die Ursachen und dann diese Hausmittel, die<br />

haben auch ihre Wirkung getan.” (GP28A) Die Hausmittel <strong>für</strong> Nutztiere unterscheiden<br />

sich kaum von den Hausmitteln <strong>für</strong> Menschen. „Des was ma de Lüüt halt au gib, des isch<br />

des selbe.” (GP29A) Tee oder Kaffee (Coffea arabica) wird <strong>für</strong> Großvieh oft in höherer<br />

Konzentration zubereitet. Manchmal werden die Teeblätter oder der Kaffeesatz mit<br />

verabreicht. In manchen Fällen, wie bei der Kamille (Matricaria chamomilla), werden <strong>für</strong><br />

Tiere alle oberirdischen Pflanzenteile verwendet, <strong>für</strong> Menschen jedoch nur die Blüten. Für<br />

Kleinvieh wird die Dosierung dem Körpergewicht angepasst. Auch bei der Konzentration<br />

von alkoholhaltigen Tinkturen wird darauf geachtet, was behandelt wird, an welcher<br />

Körperstelle und wie dick dort die Haut ist. Bei der Art des Hausmittels wird manchmal<br />

ein Wirkstoff in verschiedener Verarbeitung angewandt: Zum Beispiel wird eine Wunde<br />

erst mit Arnikatee gewaschen, dann mit Arnikatinktur desinfiziert und abschließend mit<br />

Arnikasalbe eingerieben, die einen Schutzfilm bildet.<br />

Der Behandlungsform als solche wird auch eine heilende Wirkung zugeschrieben, zum<br />

Beispiel ist bei Klauenerkrankungen ein Fußbad im warmen Wasser an sich schon<br />

wohltuend. Der als Teeabsud beigegebene Pflanzenwirkstoff verstärkt die Wirkung dann<br />

noch. Auch einer der Tierärzte bestätigt, dass die Klauenkrankheit Wilda mit<br />

kontinuierlichem Baden der Wunde abheilt, nur dass der Arbeitsaufwand oft gescheut<br />

wird. Die Ausdauer bei der Anwendung von Hausmitteln ist ganz wesentlich, da die<br />

Behandlung mit Hausmitteln oft als zeitaufwendig beschrieben wird. „Da muasch halt<br />

druff sii, ned glei nageba“ (GP28A)<br />

Zur Wahl eines Hausmittels geben die Befragten an, dass ihnen oft noch andere Hausmittel<br />

mit ähnlicher Wirkung bekannt sind. Wenn das Hausmittel, das <strong>für</strong> eine Krankheit am<br />

besten geeignet ist, nicht verfügbar ist, wird einfach das Zweitbeste verwendet. Mit der<br />

Erfahrung verändern sich auch Behandlungsformen, eine Bäuerin oder ein Bauer, die ein<br />

Hausmittel jahrelang verwendet haben, können aus verschiedenen Gründen auf ein anderes<br />

umsteigen, oder sie verwenden ein Hausmittel, das sie nie verwendet haben, in einem<br />

besonderen Fall.<br />

5.2 Pflanzliche Hausmittel<br />

Viele der befragten Bewohner des Großen Walsertals schätzen die vielfältige Pflanzenwelt,<br />

in der sie leben, sehr. Sie bezeichnen die Heilpflanzen als sehr wichtig und finden es<br />

schön, dass es sie gibt. „S´isch a Bereicherung, a reiche Kräuterwelt wo mia da läbn, dass<br />

wir des alls in da Natur vorfinden, vollkommen koschtenlos und nützlich.“ (GP29B) Der<br />

unten zitierte Gesprächspartner ist so überzeugt von den Heilpflanzen, dass es ihm nichts<br />

ausmacht, wenn seine Kinder manchmal ein wenig über ihn schmunzeln.<br />

„Ja halt, i hab sie immer hochgeschätzt. Bei mir lachen sie oft, oder. (…)<br />

D´Söhne, oder d´Töchter auch: Da Dätta hätt da scho an Tee wo hilft, oder.<br />

Und vielleicht mit an leisen Schmunzeln. Er weiß es ja scho, dass da Tee hilft,<br />

oder.“ (GP28B)<br />

Ein Landwirt betont, dass man nicht mehr sammeln sollte als man benötigt, aber dass man<br />

die Hausmittel auch nicht ausgehen lassen sollte, damit man genügend davon hat, wenn<br />

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