Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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Frauen sind im Großen Walsertal nach der traditionellen Arbeitsteilung mehr <strong>für</strong> Haus,<br />
Garten und Familie zuständig als <strong>für</strong> den Stall. Die Versorgung von Kranken mit<br />
Hausmitteln ist jedoch tendenziell ein weiblicher Tätigkeitsbereich, was genauso auf die<br />
Tiere zutrifft.<br />
„Und Frauen waren da natürlich auch noch eher, wie soll ich sagen,<br />
prädestiniert <strong>für</strong> so etwas, mehr Gefühl als wia Männer. Und jetz bei uns war<br />
des aber ned so traditionell, dass die Frauen in Stall gehen. Aber man muss<br />
sich vorstellen, früher wenn a Tier erkrankt war, des war schon ein Fall <strong>für</strong> die<br />
ganze Familie, weil des Tier a ganz a andre Wert gehabt hat, als wie heut.”<br />
(GP3)<br />
Besonders schwere Geburten, wo viel Kraft aufgewendet werden musste, konnten zum<br />
Tod des Kalbs führen. Wenn ein totes Kalb nicht aus der Kuh gezogen werden konnte,<br />
musste es zersägt und stückweise herausgeholt werden. Auch <strong>für</strong> diese schwierige Aufgabe<br />
gab es einen Spezialisten im Tal. Heute werden die veterinärmedizinischen Möglichkeiten<br />
mit Ultraschall und anderen Technologien bei schweren Geburten geschätzt und in<br />
Anspruch genommen.<br />
„Früher hat ma zu Zweit gezogen, und wenns gar nicht gang zu Dritt gezogen,<br />
und dann wars dann aber meistens scho einiges kaputt. Des geht dann einfach<br />
nicht mehr, des ist zu viel, dann zerreisst man des Tier.” (GP3)<br />
5.3.2.9 Klauenschneiden<br />
Das routinemäßige Stutzen der Klauen bei Rindern und Schafen (6 Nennungen) gehört zu<br />
den am häufigsten genannten Hausmitteln. Meistens wird es im Herbst oder in den ersten<br />
Wintermonaten durchgeführt. Ein zweites Mal werden die Klauen dann im Frühling<br />
zurecht geschnitten. Die Tiere laufen sich die Hufe auf der Alpe ab, da sie dort ständig<br />
über schroffen Untergrund laufen. Den Tieren, die zu Hause bleiben, beziehungsweise<br />
wenn sie länger im Stall stehen, wachsen die Hufe nach einigen Monaten gekrümmt nach<br />
innen und werden zu lang. Dadurch ergibt sich eine schiefe Haltung und sie „stehen<br />
schlecht“, was auch Schmerzen bereiten kann. Die Rinder werden <strong>für</strong> die Behandlung in<br />
eine Vorrichtung, den Klauenstand, gespannt, um die Beine zu fixieren. Es gibt<br />
unterschiedliche Systeme, recht verbreitet ist ein Seilzug, mit dem<br />
das Bein welches beschnitten wird so weit nach hinten oben<br />
gezogen wird, bis das Rind nicht mehr ausschlagen kann. Die<br />
Fertigkeit liegt darin, weder selbst verletzt zu werden, noch das Tier<br />
zu tief oder schief zu schneiden während es sich oft lebhaft wehrt.<br />
Geschnitten wird anfangs mit einer Flex beziehungsweise bei den<br />
Schafen mit einer Schere, ähnlich einer Gartenschere, die Feinarbeit<br />
erfolgt mit einem an der Spitze gebogenen Messer. Die Schafe<br />
werden auf die Hinterbeine gestellt und rücklings in eine mit<br />
Polyesterstoff bespannte Wanne gedrückt. Die dickeren Tiere<br />
können dann nur noch mit den Beinen strampeln, die kleineren und<br />
schlankeren schaffen es jedoch manchmal, sich zu drehen und<br />
versuchen freizukommen.<br />
Nach dem Klauenschneiden beim Rind wird oft Harz (5.2.1.6)<br />
verwendet, um Wunden zu reinigen, zu verschließen oder zu heilen.<br />
Ein Landwirt gibt an, die Klauen hinterher mit Salzwasser zu<br />
waschen. Früher, als auch heute, machen<br />
diese Arbeit zumindest bei den Rindern<br />
spezialisierte Personen, die auch eine<br />
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Abbildung 59: Messer zum Klauenschneiden