Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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Abbildung 71: Ein Palmbuschen mit Eibe, Weide und Stechpalme (links). Ein Kruzifix mit<br />
Zweigen des Palmbuschens (rechts).<br />
Weitere Osterbräuche<br />
Ein weiterer Osterbrauch ist das Aufbewahren der an Karfreitag gelegten Hühnereier.<br />
Ihnen wird eine besondere Kraft zugeschrieben, auch ohne formelle Weihe. Sie werden im<br />
Haus, Stall oder Auto aufgehoben und beim Hausbau eingearbeitet, als Schutz vor allem<br />
vor Erdrutschen und Lawinen. Sie trocknen aus und faulen nicht. Außerdem kehrt man am<br />
Karfreitag mit einem gewöhnlichen Besen in und um Haus und Stall. Im Haus wird zum<br />
Schutz vor Ungeziefer gekehrt und im Stall zum Schutz der Tiere vor Krankheiten und<br />
Verletzungen. Am Gründonnerstag wird ein Tee aus sieben oder neun Kräutern gemischt<br />
der gut <strong>für</strong> die Gesundheit sein soll. „Den trinkt man halt selber, wenn man der<br />
Überzeugung ischt, dass die Kräuter so gesund sind und man nimmt auch nur gesunde<br />
Kräuter.“ (GP28B)<br />
5.3.3.3 Praktiken und Bräuche in der Alpwirtschaft<br />
Alpauftrieb und Alpabtrieb<br />
Früher war man bis zu einer Woche lang zu Fuß mit den Tieren unterwegs, um sie gemäß<br />
der Dreistufenwirtschaft auf höher gelegene Weiden und Alpen zu treiben. Vor allem der<br />
Weg nach oben im Frühjahr ist oft sehr anstrengend, weit und steil. Da die Rinder heute<br />
weniger robust sind, würden sie nach Angaben der Gesprächspartner und<br />
Gesprächspartnerinnen diese Wanderungen gar nicht mehr aushalten, weshalb die Rinder<br />
und andere Tiere oft in Viehtransportern hinauf gefahren werden. Die Landwirte und<br />
Landwirtinnen haben auch keine Zeit mehr <strong>für</strong> lange Wanderungen. Kürzere Distanzen<br />
und manchen Alpabtrieb müssen die Rinder jedoch immer noch zu Fuß gehen, insofern sie<br />
nicht sehr alt, sehr jung, krank oder trächtig sind. Am Vorabend oder am Morgen des<br />
Tages, an dem das Vieh getrieben wurde, traf sich die Familie im oder vor dem Stall und<br />
betete um das Wohlergehen der Tiere und einen guten Alpsommer. Die Tiere bekamen oft<br />
geweihtes Salz, manchmal auf eine Scheibe Brot gestreut. Eine Gesprächspartnerin<br />
berichtet, dass in ihrer Familie Weihwasser gesprengt wird und alle in Stille beten. Sie<br />
findet es schade, dass bei ihnen heute nicht mehr gemeinsam gebetet wird. Eine der<br />
ältesten Bäuerinnen erzählt, dass ihre Mutter dem Kraftfutter auch geweihte Heublumen<br />
und einen zu Schnipsel geschnittenen Zettel, auf dem Wort „Jesus” geschrieben war,<br />
beigemengt hat. Sie haben ein Vaterunser zu den Bauernheiligen, dem Heiligen Martin und<br />
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