Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku
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verabreicht. Wenn die Suppe nicht freiwillig getrunken wird, nimmt man eine langhalsige<br />
Flasche, die dann dem Rind tief in den Rachen geschoben wird, um die Suppe<br />
einzutrichtern. Dabei muss man aufpassen, dass die Flüssigkeit in die Speiseröhre<br />
eingetrichtert wird und nicht in die Luftröhre, was ein Tier töten könnte. Um das zu<br />
vermeiden, wird das Maul des Rinds nach hinten und oben gezogen. Die Brennsuppe wird<br />
folgendermaßen zubereitet: Man röstet Mehl in Fett beziehungsweise Butter an, bis es<br />
braun wird. Dann gießt man mit Wasser auf und lässt die Suppe weiter köcheln. Zu diesem<br />
Grundrezept werden nach den verschiedenen Angaben auch noch andere Zutaten<br />
beigefügt: Schnaps, Milch, Kleie oder Zucker. Ein Hausmittel besteht aus Brennsuppe in<br />
Kombination mit einem halben Liter Wein. Und eine Bäuerin hat beim Kochen der<br />
Brennsuppe das Wasser manchmal mit Brombeerblättertee ersetzt.<br />
5.3.2.5 Brot und Trank<br />
Nach dem Abkalben bekommt die Kuh eine Kräftigung, sozusagen eine „Gratulation“<br />
(GP6B), bestehend aus einem Brot mit verschiedenem Belag (insgesamt 4 Nennungen) und<br />
eventuell einem Trank (1 Nennung), beziehungsweise s´Droha (1 Nennung). Es wurde<br />
berichtet, dass das Brot zusammen mit geweihtem Salz beim Alpauftrieb verfüttert wurde.<br />
Außerdem war die Rede von Brot mit Schweinschmalz und Äpfeln, oder mit Ei und<br />
Butterschmalz sowie Brot mit Kümmel, Butter, Weihwasser und Salz. Nach dem Abkalben<br />
sollte die Kuh 30 bis 40 Liter Wasser trinken. Wenn dem Wasser Zucker und Mehl<br />
beigefügt wird, nennt ein Gesprächspartner diese Mischung Droha und wenn das Wasser<br />
erwärmt wird Trank.<br />
5.3.2.6 Steinöl<br />
Steinöl (5 Nennungen) wird auch Tiroler Steinöl oder „Tiroler Hausschmiere“ genannt, da<br />
dieses Öl bei Hall in Tirol aus Schiefergestein gebrannt wird. Es ist auch als Salbe<br />
erhältlich und wird vor allem bei Rindern aber auch Pferden wegen der ziehenden Wirkung<br />
als Zugsalbe verwendet. Es wird bei Wunden, Geschwülsten, Euterentzündung,<br />
geschwollenen Beinen und Gelenken, sowie bei entzündeten, offenen Klauen eingerieben.<br />
Für den Nabel bei Kälbern wird es auch gerne verwendet, um ihn vor Verschmutzungen<br />
und Nässe zu schützen.<br />
5.3.2.7 Melkfett<br />
Drei Mal wurde Melkfett als Hausmittel genannt. Es dient der Euterpflege bei Kühen und<br />
Milchschafen, und um Verletzungen vorzubeugen. Melkfett wird auch bei bereits<br />
verletztem Euter eingerieben, bei Schorf, Schrunden, offenen oder harten Zitzen, Rissen,<br />
oder hartem Euter. Es wird auch gekauftes Melkfett mit Ringelblumenzusatz verwendet.<br />
5.3.2.8 Geburtshilfe<br />
Ein gerade früher besonders wichtiger Wissensbereich waren Kenntnisse rund um den<br />
Geburtsvorgang (7 Nennungen). Eine der Nennungen bezieht sich auf Schafe, die<br />
restlichen auf Rinder. Die Kälber der im Großen Walsertal weit verbreiteten Rasse<br />
Vorarlberger Braunvieh waren früher im Verhältnis zur Kuh größer, weshalb das Abkalben<br />
generell mehr Probleme verursachte. Heute sind die Kälber dieser Rasse kleiner, wodurch<br />
die Geburten leichter gehen. „Das hat man jetzt ziemlich gut heraus gezüchtet, diese<br />
Schwerkalbigkeit, des muss man sagen also da hat die Zucht scho Fortschritte gemacht.“<br />
(GP3) Wann eine Geburt bevorsteht, wird am Austreten von weißem Schleim aus der<br />
Vagina der Kuh erkannt und wenn der Bereich am Kreuzbein weich wird. Die Bäuerinnen<br />
und Bauern sprechen verschiedene Fehllagen und schwierige Situationen an, in denen<br />
bestimmte „Kunstgriffe“, Drehungen des Kalbs oder Bewegungen der Kuh nötig sind, um<br />
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