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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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und Gesprächspartner waren das Vertrauen in und die Ehrfurcht vor dem Übersinnlichen<br />

früher noch größer als heute.<br />

112<br />

„(…) man hat viel mit Weihwasser und mit Kreuze - in jedem Stall ist ein<br />

Kreuz gehangen oder ein Weihwasserkessel. Und man hat also schon auch auf<br />

Gottvertrauen gearbeitet. Des war einfach der Segen Gottes, des war, man hat<br />

schon auf den Segen Gottes vertraut und man hat auch nicht, darüber hat man<br />

auch nicht gewitzelt (…) hat ma nicht gefrevelt, des war einfach, man hat da<br />

scho eine Ehrfurcht gehabt und man hat auch eine Ehrfurcht gehabt, noch<br />

mehr manchmal, zum Lebensmittel und zum Tier und man hat immer wieder<br />

gedankt, dass ma eine reiche und gesunde Ernte eingefahren hat und so weiter.<br />

Also das ist schon, da denke ich mir, da ist viel verloren gegangen.“ (GP3)<br />

Eine Bäuerin erklärt, dass Glaubensangelegenheiten auch ökonomische Hintergründe<br />

hatten, da vieles ausprobiert wurde, solange man Tierarztkosten vermeiden konnte. Nach<br />

Angaben einer Bäuerin betrachtet die jüngere Generation den Glauben in mancher Hinsicht<br />

als altmodischen Aberglauben, auf den man nicht mehr vertrauen muss.<br />

„Und ma hätt sich, an allem hätt ma sich irgendwie ghebt, alls hätt ma glaubt<br />

(…), weil ma sich ja da ned glei an Doktr gleistet hätt (...). Da hat halt dann<br />

die nächschte Generation gsägt: Na so blöd bin i nimme ne, ich dua mi da ned,<br />

in Aberglaube versetze oder so witer, weischt. Und man sich einfach dann<br />

imme so an die Olte aghecht, oder.“ (GP4)<br />

Die religiösen Bräuche und Praktiken werden vermehrt in Krisensituationen gelebt. Nach<br />

Angaben einer älteren Gesprächspartnerin besinnen sich die meisten Menschen erst wieder<br />

darauf, wenn sie ein Problem haben. In der Verzweiflung wird an Gott als „Nothelfer“<br />

gedacht.<br />

„Ich denke, dass da halt auch die Gefühlswelt des Bauern mitgespielt hat,<br />

wenn da vielleicht eine Phase war von Unglück im Stall, hat man des vielleicht<br />

mehr gemacht und je besser es einem Menschen geht, je mehr lässt man diese<br />

Traditionen einfach laufen, denkt man nicht mehr so dran. Aber ich denke<br />

wenn ein Bauer wirklich Unglück hatte, oder der a kranke Kuh im Stall gehabt<br />

und ned gewusst wie´s weiter geht, dann hat man auch natürlich zu diesen<br />

Dingen gegriffen, des ischt glaub i ganz logisch.“ (GP3)<br />

Öfters wurde auf die Tiroler verwiesen, die ältere Generation und auf die Menschen, die<br />

weiter oben im Tal leben, da diese mehr über alte Bräuche und Glaubensfragen wissen und<br />

diese noch mehr leben. „Es gibt sicher da im Tal drinnen noch mehr noch Glauben, ja alte<br />

Bräuche.“ (GP22B)<br />

Im Folgenden werden die wichtigsten religiösen Bräuche und Praktiken geschildert, im<br />

Zuge deren sich ein positiver Einfluss auf die Tiere versprochen wird. Bräuche, die diesen<br />

Aspekt nicht aufweisen, werden hier nur kurz erwähnt: In der Weihnachtsnacht legt eine<br />

Bäuerin mit ihren Kindern Heu vor den Stall, damit sich Esel und Ochse, die das<br />

Christkind auf der langen Reise begleiten, stärken können. Eine andere Gesprächspartnerin<br />

erzählt, dass man an Heiligabend um Mitternacht die Kühe im Stall reden hören kann. Als<br />

einmal ein Bauer lauschen wollte, hörte er tatsächlich die Stimmen der Rinder, die sich<br />

erzählten, dass sie ihren Bauern noch in dieser Nacht mit dem Wagen auf den Friedhof<br />

fahren würden. Nach der Legende hat sich dies auch bewahrheitet. Der Bauer ist nach<br />

Einschätzung der Gesprächspartnerin wohl gestorben, weil er nicht in die mitternächtliche<br />

Messe gegangen ist.

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