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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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Neunerlei Holz. Die neun verschiedenen Holzarten werden vor Sonnenaufgang geschnitten<br />

und in ein Säckchen eingenäht. Dann hängt man das Säckchen an den kranken Körperteil<br />

(Bodlak 1923:181).<br />

In Bertel et al. werden nach Erzählungen älterer Menschen aus dem Walsertal zahlreiche<br />

Hausmittel <strong>für</strong> Menschen und Tiere zusammengefasst, die auch erhoben wurden. Die<br />

Falsche Meerzwiebel, Meerzibala, hat man <strong>für</strong> Krankheiten bei Mensch und Tierimmer im<br />

Haus gehabt (5.2.2 Besondere Aspekte pflanzlicher Hausmittel). Im Garten standen unter<br />

anderem Wegmalve (Käsepappel), Brennnessel (Urtica dioica) und ein Gallwurzelstock<br />

zur Verfügung. Verschiedene im Ergebnisteil beschriebene Öle werden mit Salben,<br />

Schnäpsen, aber auch geweihtem Brot und Weihwasser in einem Atemzug genannt (Bertel<br />

et al. 1995:11f.).<br />

6.3 Nicht-pflanzliche Hausmittel<br />

Es bestehen viele Parallelen zur Diplomarbeit von Susanne Grasser, wie zum Beispiel<br />

beim Pansenstich (5.3.2.10), der sowohl in Osttirol als auch im Großen Walsertal<br />

durchgeführt wird (Grasser 2006:55f.). Nonverbales Wissen wird durch learning by doing<br />

erlernt, ist jedoch auch eine Frage der Begabung und lässt sich oft schwer in Worte fassen.<br />

Wenn vor allem männliche Landwirte solche Hausmittel wie den Aderlass oder das Gällna<br />

anwenden, wozu einiges an Knowhow, Kraft und Mut nötig ist, übernehmen sie die Rolle<br />

eines Spezialisten. Diese sind oft im ganzen Tal und darüber hinaus wohlbekannt und<br />

genießen ein gewisses Ansehen.<br />

Aderlass<br />

Die Maßnahme des Aderlass wird in der Literatur genauso beschrieben wie in den<br />

Gesprächen mit den Bauern und Bäuerinnen: Wenn man „z Aodr loo“, wird einer Vene<br />

zur Reduktion der Blutmenge Blut entnommen (Bertel et al. 1995:11 und 159). Auch<br />

Martin et al. erwähnen den Aderlass als eine Praxis die in der Mehrheit der untersuchten<br />

Forschungsregionen weltweit durchgeführt wird (Martin et al. 2001:22). Blut wird oft mit<br />

Leben gleich gesetzt, es ist der „Lebenssaft“ oder das „Lebenselixier“. Wenn das Blut<br />

beim Aderlass abgelassen wird, liegt das Leben der Kuh in den Händen des Landwirts<br />

beziehungsweise der Landwirtin. Die Schlinge um den Hals muss gelöst werden, damit<br />

nicht zu viel Blut entnommen wird und die Kuh zu Boden geht, oder sogar verblutet. Die<br />

Landwirte und Landwirtinnen übernehmen diese Verantwortung, aber um das Leben der<br />

Kuh zum Besseren zu wenden, um Gesundheit oder Fruchtbarkeit wieder herzustellen –<br />

was wiederum mit dem Leben an sich gleichgesetzt werden kann.<br />

Gällna<br />

Zum Thema Gällna (5.3.2.13) findet man auch in der Literatur Dokumentationen. Bodlak<br />

beschreibt, dass „an der Galle leidenden“ (Bodlak 1923:181) Tieren ein kleines Loch in die<br />

Wamme, was dem Halsschlampen entspricht, gestochen wird, um dann eine Wurzel des<br />

Gallwurzelstocks einzuführen. Die Wurzel zieht sodann die Galle aus dem Blut. Zur<br />

Bestimmung des Gallwurzelstocks ist hier die deutsche Bezeichnung Grüner Nieswurz<br />

angeführt, was mit der im Großen Walsertal bestimmten Pflanze Helleborus viridis<br />

übereinstimmt. Auch der Anwendungskomplex als solcher ist bezüglich des Montafons in<br />

den Grundzügen genauso dargestellt, wie er im Großen Walsertal beschrieben wurde<br />

(Bodlak 1923:181).<br />

Auch nach Schertler wird der Helleborus viridis <strong>für</strong> das Gällna in der Gegend Montafon<br />

Innerfratte verwendet. In anderen Teilen des Montafons würde er jedoch durch Schöllkraut<br />

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