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Martina Grabowski - Institut für ökologischen Landbau - Boku

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Familien, nachdem die Gaben geweiht wurden, auch ihren Teil ab. Die Familie verzehrt<br />

einen Teil und verfüttert den Rest an ihre Nutztiere.<br />

„Ischt eh klar, des ischt irgendwie was ganz was Logisches. Da werden auch<br />

Früchte von Feld und Flur eingebracht, das ischt dann September, Oktober.<br />

Mann nimmt Käse und so was mit und es isch so, dass die dann auch wieder<br />

was abkriegen - sollten - Äpfel oder… Das wird eingeschnitten ins Futter, dass<br />

jeder mal was kriegt.“ (GP7A)<br />

5.3.3.6 Segnung vom Kapuzinerorden<br />

Beim Thema Heublumen kamen zwei Gesprächspartnerinnen auf einen Geistlichen des<br />

Kapuzinerklosters Bludenz zu sprechen, der früher, bis ungefähr 1990, jeden Herbst im Tal<br />

unterwegs war. Er und der Mesner des Klosters sind von Haus zu Haus gegangen und<br />

haben um Spenden gebeten. Da<strong>für</strong> haben sie Haus und Stall gesegnet, geweihte<br />

Heublumen und geweihtes Salz verteilt und den Kindern Fingerringe geschenkt - die<br />

Kinder haben schon immer auf ihr Kapuzinaringle gewartet. Bei der Segnung hat man<br />

zusammen gebetet. „Dann hat der Meschna immer ausm Rucksack, im a so a Säckli,<br />

geweihte Heublumen ghaa. Und hat am jeden Haus a so a Schüsseli voll dagelassen, ja.”<br />

(GP19) Die geweihten Heublumen, oft mit geweihtem Salz gemischt, wurden dann bei<br />

Krankheit, vor den Viehtrieben, oder wenn man sich nicht mehr zu helfen wusste,<br />

verfüttert. „Also wenn ma nimma weiter gwusst hat hat mans auf die Art probiert.“<br />

(GP20A)<br />

5.3.3.7 Warzen und Schab wegmachen<br />

Drei der interviewten Personen haben erzählt, dass sie eine besondere Fähigkeit haben, sie<br />

können Warzen und die Hautkrankheit Schab (Trichophytie) „wegmachen“. Einer der<br />

Tierärzte hat angegeben, die Behandlung funktioniert mit „Sympathie“. Eine Bäuerin kann<br />

außerdem blutstillen. Schmerzhafte Warzen kommen vor allem bei Jungtieren an den<br />

Zitzen vor und erschweren das Melken. Kälber, aber auch Jungtiere und Kühe, die den<br />

Schab haben, können ihn sowohl an andere Tiere als auch an Menschen weitergeben. Er<br />

tritt am ganzen Körper auf und kann medizinisch behandelt werden. Im Großen Walsertal<br />

wendet man sich in diesen Fällen jedoch oft an Spezialisten und Spezialistinnen, die helfen<br />

können. Ihre Fähigkeiten sind vielen Landwirtinnen und Landwirten bekannt und werden<br />

per Mund-zu-Mund-Propaganda weitergegeben. Wenn man den Spezialistinnen und<br />

Spezialisten Bescheid sagt, kommen sie auf den Hof und behandeln die Tiere, indem sie<br />

mit der Hand über die betroffene Stelle streichen oder den ganzen Körper drei Mal vom<br />

Maul bis zum Schwanz ausstreichen und im Stillen einen Spruch 14 aufsagen. „Des muass i<br />

agriffe, des muass i all ind Händ neh, die Flecke, da fahr i halt aso drübe und bei die<br />

Warze halt auch.“ (GP24) Der Besitzer des Tieres muss am selben Tag noch drei<br />

Vaterunser beten. Für den Erfolg der Behandlung muss die betroffene Person daran<br />

glauben, dass es funktioniert.<br />

„Eba, dens ischt ja des Beschte, wenns mir jetzt gholfa hätt und ja ischt jetzt o<br />

an Fall, dann hätt der scho mehr Glaube dra, der muass a des glaube. Aber<br />

wenn da nirnda a Hilfe kriagt häsch, denn glaubscht denn scho, oder. Un sus<br />

schadets amol ned. Ma muass ja nix ine und es ischt ja koa Medikament oda<br />

eppas des Nebenwirkungen ha künntescht wia oft bei de Tablette oder so was.<br />

(…) Der Glaube versetzt Berge, der Glaube isch as ganz as Wichtigschte.“<br />

(GP24)<br />

14 Der Spruch wurde zwar von einem Bauern genannt, er wird hier jedoch nicht dokumentiert, da die anderen<br />

beiden ihn nicht mitteilen wollten und vertrauliche Wissensbereiche respektiert werden.<br />

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