Literaturgeschichte 750-1500
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111<br />
die dienden wider einander<br />
enwette unde enwiderstrît.<br />
Daz gesinde diende zaller zît<br />
ir ôren unde ir sinne.<br />
Ir hôchzît was diu minne,<br />
ir fröuden übergulde,<br />
diu brâhte in durch ir hulde<br />
des tages tûsent stunden<br />
Artûses tavelrunden<br />
und al ir massenîe dar.<br />
Waz solte in bezzer lîpnar<br />
ze muote oder ze lîbe?<br />
Dâ was doch man bî wîbe,<br />
sô was ouch wîp bî manne:<br />
wes bedorften si danne?<br />
Si hæten, daz si solten,<br />
und wâren, dâ si wolten.<br />
Nu trîbent aber genuoge<br />
ir mær und ir unfuoge,<br />
des ich doch niht gevolgen wil:<br />
si jehent, ze sus getânem spil<br />
dâ hœre ouch ander spîse zuo.<br />
Dane weiz ich rehte, weder ez tuo.<br />
Des dunket mich genuoc hier an.<br />
Ist aber anders ieman,<br />
der bezzeren lîprât<br />
an disem lebene erkunnet hât,<br />
der jehe, als er’z erkenne;<br />
Ich treip ouch eteswenne<br />
alsus getâne lebesite:<br />
dô dûhte es mich genuoc dermite.<br />
Nune sol iuch niht verdriezen,<br />
ir enlât iu daz entsliezen,<br />
durch welher slahte meine<br />
diu fossiur’ in dem steine<br />
betihtet wære, also si was.<br />
Si was, als ich iezuo dâ las,<br />
sinewel, wît, hôch unde ûfreht,<br />
snêwîz, alumbe eben und sleht.<br />
Diu sinewelle binnen<br />
daz ist einvalte an minnen:<br />
einvalte zimet der minne wol,<br />
diu âne winkel wesen sol.<br />
Der winkel, der an minnen ist,<br />
daz ist âkust unde list.<br />
Diu wîte deist der minnen kraft,<br />
wan ir kraft ist unendehaft.<br />
Diu hôhe deist der hôhe muot,<br />
der sich ûf in die wolken tuot;<br />
dem ist ouch nihtes ze vil,<br />
die wîle er sich gehaben wil<br />
hinûf, dâ sich der tugende gôz<br />
ze samene welbet an ein slôz.<br />
So gevælet ouch daz niemer,<br />
die tugende die ensîn iemer<br />
gesteinet unde gewieret,<br />
mit lobe alsô gezieret,<br />
daz wir, die nidere sîn gemuot,<br />
der muot sich allez nider tuot<br />
und an dem esterîche swebet,<br />
der weder swebet noch enklebet:<br />
wir kapfen allez wider berc<br />
und schouwen obene an daz werc,<br />
daz an ir tugenden dâ stât,<br />
daz von ir lobe her nider gât,<br />
die ob uns in den wolken swebent<br />
und uns ir schîn her nider gebent:<br />
die kapfent wir ze wunder an.<br />
Hie wahsent uns die vedern van,<br />
die dienten<br />
im Wettstreit mit einander.<br />
Dieses Gesinde diente beständig<br />
ihren Ohren und ihren Sinnen.<br />
Ihr Fest war die Liebe,<br />
die höchste (‚Vergoldung‘) ihrer Freuden,<br />
die war ihnen gnädig und brachte ihnen<br />
tausendmal täglich<br />
Ersatz für die Tafelrunde von Artus<br />
und seinen ganzen Hof dorthin.<br />
Was für eine bessere Nahrung<br />
könnten Geist oder Körper brauchen?<br />
Da war doch ein Mann bei der Frau<br />
und auch eine Frau beim Mann:<br />
was brauchten sie sonst noch?<br />
Sie hatten, was sie brauchten<br />
und waren, wo sie wollten.<br />
Nun argumentieren aber manche<br />
ungehörig<br />
und wie ich es ablehne:<br />
sie sagen, zu diesem Vergnügen<br />
braucht man auch andere Nahrung.<br />
Das glaube ich nicht recht.<br />
Ich glaube, sie haben genug damit.<br />
Wenn aber jemand<br />
bessere Nahrung<br />
bei einem solchen Leben kennengelernt hat,<br />
der berichte seine Erfahrung (jehen ‚sagen‘).<br />
Ich habe auch irgendwann einmal<br />
auf diese Art gelebt.<br />
Da hatte ich damit genug und bedurfte sonst nichts.<br />
Nun soll es euch nicht verdrießen,<br />
wenn ihr euch erklären (‚aufschließen‘) läßt,<br />
wegen welcher Art von allegorischer Bedeutung (meine)<br />
die Grotte in den Stein<br />
so gehauen war,wie sie es war.<br />
Sie war, wie gesagt,<br />
rund, weit, hoch und hochstrebend,<br />
schneeweiß, rundherum glatt und eben.<br />
Die innere Rundung<br />
bedeutet die Einfalt der Liebe:<br />
Einfalt ziemt der Liebe wohl,<br />
sie soll ohne Winkel sein.<br />
Winkel in der Liebe<br />
bedeuten Begierde und List.<br />
Die Weite ist die Macht der Liebe,<br />
denn ihre Macht ist unendlich.<br />
Die Höhe ist die freudige Gesinnung,<br />
die sich in die Wolken emporhebt,<br />
für die ist nichts zu schwer,<br />
wenn sie aufsteigen (gehaben ‚erheben‘) will,<br />
bis dort hinauf, wo das Mauerwerk der Tugend<br />
sich zum Schlußstein zusammenwölbt.<br />
Dann wird auch nichts daran fehlen,<br />
dass die Tugenden immer<br />
mit Edelsteinen und Schmiedearbeit<br />
so rühmenswert verziert sind,<br />
dass wir, die wir nicht so hochgemut sind,<br />
deren Gemüt darniederliegt<br />
und sich nicht über den Estrich erhebt,<br />
das weder hochfliegt noch unten kleben bleibt<br />
- wir gaffen hinauf<br />
und und schauen das Werk oben an,<br />
das ihren Tugenden entspricht,<br />
das von ihrem Ruhm herunterleuchtet,<br />
die ober uns in den Wolken schweben<br />
und von denen wir herunten den Widerschein haben:<br />
die glotzen (kapfen ‚anstarren‘) wir wie ein Wunder an.<br />
Dadurch wachsen uns die Federn,