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Literaturgeschichte 750-1500

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60<br />

Erec in der Früh als Schlaftrunkenen zu erschlagen. Doch in der Früh weckt Enide Erec zeitig und warnt ihn. Da hört Erec, dass<br />

seine Gattin sich ihm gegenüber gut als treu bewährt, und sie brechen rechtzeitig auf, um dem Grafen zu entkommen. Er tadelt<br />

sie nun nicht, da er ahnt, dass sie um seinetwillen so gehandelt hatte. Sein Gebot, ihn auf nichts aufmerksam zu machen, was sie<br />

sieht, nimmt er aber nicht zurück. Dem Bürger, bei dem sie Nachtquartier genommen hatten (auf Erecs Wunsch in getrennten<br />

Betten), lassen sie die sieben restlichen Pferde als Geschenk. Doch der Graf verfolgt sie mit seinen Leuten. Erec ist so in Gedanken<br />

versunken, dass er die Gefahr erst nach ihr bemerkt (obwohl diesmal die Verfolger von hinten kommen!). Wieder warnt<br />

Enide. Wieder tadelt Erec sie dafür, allerdings nicht mehr so heftig, tötet den Seneschall des Grafen und verwundet den Grafen<br />

selbst, der nicht voll gerüstet die Verfolgung aufgenommen hatte. Da Enide sich selbst die Schuld gibt, warnt sie Erec immer<br />

wieder, auch auf die Gefahr hin, von ihm verstoßen zu werden; auch beim nächsten Abenteuer, das nicht lang auf sich warten<br />

lässt: Sie sind an eine Burg herangekommen, deren Herr, ein sehr kleiner Ritter, auf Erec losstürmt. Enide hat Angst, dass er<br />

Erec überfallen könnte, bevor der es in seiner Versonnenheit merkt, und warnt wieder. Erec weiß nun schon, dass sie ihn genau<br />

so sehr liebt wie er sie, droht ihr aber trotzdem noch, wenn auch nicht böse. Der Ritter fordert ihn förmlich zum Kampf heraus;<br />

eine Warnung wäre also gar nicht nötig gewesen. Aber dafür wird der Kampf umso härter. Der Gegner ist zwar klein, aber Erec<br />

fast ebenbürtig. Der Zweikampf tobt lange unentschieden, beide schlagen einander heftige Wunden, bis das Schwert des Kleinen<br />

bricht. Er muss sich besiegt geben und nennt Erec seinen Namen: Er heißt Guivret der Kleine und ist König dieses Landes,<br />

Irland (!). Nachdem er besiegt ist, bietet er Erec seine Freundschaft an. Die Sozialisierung Erecs beginnt, aber er entzieht sich<br />

ihr noch: er weigert sich, zusammen mit Guivret einen Arzt aufzusuchen. Die beiden schließen nun Freundschaft und verbinden<br />

zum Zeichen der gegenseitigen Hochachtung einander ihre Wunden. Dann trennen sie sich, und Erec reitet mit Enide weiter,<br />

bis sie an einen Wald gelangen, in dem zufällig König Artus auf Jagd ist. Der Seneschall Keu hat sich Gauvains Ross und Waffen<br />

ohne dessen Wissen ausgeborgt und ist damit spazieren geritten. Erec erkennt ihn sofort, aber Keu kann Erec nicht erkennen,<br />

weil sein Schild durch den Kampf mit Guiveret so zerschlagen ist, dass man kein Erkennungszeichen mehr sehen kann. Und<br />

Enide hat listig den Schleier vor das Gesicht gezogen. Keu hält Erec am Zügel fest, ohne ihn zu begrüßen, und fragt ihn nach<br />

seinem Namen. Erec nennt sich nicht. Keu bittet ihn, mit ihm zu König Artus zu kommen, Erec lehnt ab. Da erklärt Keu Erec zu<br />

seinem Gefangenen. Das geht Erec denn doch zu weit, und sie kämpfen gegeneinander. Da Keu nicht gerüstet ist, kehrt Erec<br />

das stumpfe Ende seiner Lanze nach vorne, und wirft ihn so zu Boden. Das Pferd befiehlt er wieder Enide an. Da verlegt sich<br />

Keu aufs Betteln, weil das Tier Gauvain gehört. Erec schenkt es ihm großzügig, damit er es zurückgeben kann. Keu erzählt am<br />

Artushof die Wahrheit, da reitet Gauvain mit zwei Knappen aus, den fremden Ritter im Namen des Königs an den Artushof zu<br />

bitten. Erec lehnt wieder ab, doch Gauvain schickt einen Knappen zu Artus, der sich schnell mit seinem ganzen Hof auf den<br />

Weg macht, während Gauvain Erec höflich, aber listig mit verschiedenen Erzählungen zurückhält. Da erblickt Erec gegen seinen<br />

Willen auf seinem Weg vor sich die Zelte des Artushofes. Nun gibt sich Erec dem ehemaligen Freund zu erkennen, und die<br />

Freude Gauvains, des Königs und des ganzen Artushofes ist groß. Nicht jedoch die Freude Erecs. Er erhält von Artus ein Wunderpflaster,<br />

das seine Verletzungen heilen soll. Doch er bleibt nur eine Nacht, zu kurz für eine Heilung: man müsste die Salbe<br />

mindestens eine Woche lang täglich auftragen. Schon in der Morgendämmerung bricht er wieder auf, und um sechs Uhr morgens<br />

erlebt er das nächste Abenteuer: Er hört ein Fräulein im Wald schreien. Er fordert Enide auf, auf ihn am Weg zu warten,<br />

und reitet allein in den Wald. Zwei Riesen hatten einen Ritter entführt, den Freund des Fräuleins, dessen Schreien Erec gehört<br />

hatte, und foltern ihn zu Tode. Das Fräulein bittet Erec um Hilfe. Erec fordert mit höfischen Worten die Riesen auf, den Ritter<br />

freizulassen, doch die verspotten ihn nur. Tatsächlich gelingt es Erec, die beiden Riesen zu erschlagen und den schwer verletzten<br />

Ritter gerade noch rechtzeitig zu befreien. Der nennt seinen Namen (Cadoc), und Erec schickt ihn an den Artushof, wo man ihm<br />

den Namen seines Retters nennen soll. Dann eilt Erec auf dem Weg zu Enide zurück, in Angst, jemand könne sie inzwischen<br />

geraubt haben. Sie wieder hatte schon befürchtet, er habe sie verlassen. Von der Anstrengung des Kampfes gegen die Riesen ist<br />

Erecs Wunde wieder aufgebrochen, die ihm am Vortag Guiveret der Kleine geschlagen hat. Trotzdem reitet er weiter, bis er<br />

blutüberströmt vom Pferd stürzt und wie tot daliegt. Enide verzweifelt neben dem Totgeglaubten; „Du Unglücklicher“, wiederholt<br />

sie ihre Worte von dem verhängnisvollen Morgen, und will mit seinem Schwert Selbstmord begehen, denn sie hält das<br />

„vergiftete Wort“, das sie damals gesprochen hatte, für schuld an seinem Tod. Da schickt ihr Gott den Grafen Oringles von<br />

Limors (ein sprechender Name: li mors = ‚der Tod‘), der sie auf seine Burg mitnimmt, den Leichnam begraben will und sich<br />

sofort von seinem Kaplan mit Enide trauen lässt, obwohl sie sich weigert. Sie isst auch beim sofort hergerichteten Hochzeitsessen<br />

keinen Bissen, obwohl der Graf glaubt, sie hinlänglich über den Tod ihres ersten Gatten hinwegtrösten zu können. Aus Zorn,<br />

dass sie immer noch über den ersten Mann weint, statt sich über den zweiten zu freuen, und weil sie seine schöne Hochzeit<br />

dadurch stört, obwohl er ihr Freude befiehlt, gibt er ihr vor allen Gästen zwei Ohrfeigen. Enide schreit, dass sie nie die Seine<br />

werden will, selbst wenn er sie erschlägt. Durch den Lärm erwacht Erec, der im selben Saal aufgebahrt liegt, aus seiner Ohnmacht,<br />

zieht sein Schwert und spaltet dem Grafen den Schädel. Die Ritter sind entsetzt, beim Anblick des lebendiggewordenen<br />

‚Toten‘ glauben sie, der Teufel ist unter ihnen, und laufen vor der schrecklichen Erscheinung davon. Erec findet sein Pferd,<br />

steigt auf, hilft Enide sich vor ihn draufzusetzen und reitet mit ihr davon. Jetzt ist er überzeugt, dass Enide ihn vollkommen<br />

liebt, gesteht ihr, dass auch er sie liebt, umarmt und küsst sie und er verzeiht ihr großmütig ihr Vergehen und die bösen Worte.<br />

Indessen ist die Nacht hereingebrochen; trotzdem machen Erec und Enide, dass sie fortkommen. Inzwischen hat Guivret der<br />

Kleine erfahren, dass Erec tot ist und dass der Graf Enide gegen ihren Willen heiraten will. Also zieht er noch in der Nacht mit<br />

tausend Rittern gegen die Burg des Grafen, um Enide zu befreien und seinen Freund Erec in Ehren zu begraben. Erec sieht die<br />

Leute nahen, erkennt in der Finsternis nicht Guivret, bittet Enide, sich abseits des Weges zu verstecken und reitet gegen den<br />

vermeintlichen Feind. Guivret hat am Vortag seine Wunden geheilt; er ist daher der Stärkere und wirft Erec vom Pferd. Da<br />

verlässt Enide ihr Versteck, fällt Guivret in den Zügel und bittet um das Leben ihres Mannes. Nun gibt es ein freudiges Wiedererkennen.<br />

Guivret führt Erec zu seinen beiden Schwestern, die ihn in zwei Wochen gesund pflegen. Dann will Erec an den Hof<br />

von König Artus ziehen, und Guivret will ihn begleiten. Enide hat ihren schönen weißen Zelter auf der Burg Limors verloren,<br />

dann nahm Erec sie auf sein Pferd, für den Weg bis zu seiner Burg lieh Guivret ihr ein Maultier, und dort erhält sie jetzt ein noch<br />

schöneres Pferd, als es ihr erstes gewesen war: Ein Zelter von brauner Farbe, doch der Kopf ist zu einer Hälfte schwarz, zur<br />

anderen weiß, und zwischen schwarz und weiß verläuft eine grüne Trennungslinie. Das Reitzeug ist aus Gold, und mit Edelsteinen<br />

besetzt, die Sattelbögen sind aus Elfenbein, in das die Geschichte von Äneas vom Auszug aus Troja bis zu seinen Siegen in<br />

Italien geschnitzt ist.<br />

Auf dem Weg zu Artus kommen sie an der Burg Brandigan vorbei. Erec möchte hier Nachtquartier nehmen, doch Guivret bittet<br />

ihn, vorbeizureiten. Doch Erec fragt nach dem Grund. Guivret antwortet, dass es dort ein Abenteuer zu bestehen gebe; schon seit

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