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Literaturgeschichte 750-1500

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113<br />

valsch’ unde gewalte vor bespart.<br />

Daz tougenlîche heftelîn<br />

daz von ûzen hinîn<br />

zer vallen was geleitet hin,<br />

daz was ein spinele von zin;<br />

diu valle was von golde,<br />

als si ze rehte solde:<br />

vall’ unde haft, diz unde daz,<br />

diu enmohten beide nimmer baz<br />

an ir eigenschaft sîn brâht.<br />

Daz zin daz ist diu guote andâht<br />

ze tougenlîchem dinge;<br />

daz golt daz ist diu linge.<br />

Zin unde golt sint wol hier an:<br />

sîn andaht mac ein ieclîh man<br />

nâch sînem willen leiten,<br />

smalen oder breiten,<br />

kürzen oder lengen,<br />

frîen oder twengen,<br />

sus oder sô, her oder hin,<br />

mit lîhter arbeit alse zin,<br />

und ist dâ lützel schaden an;<br />

swer aber mit rehter güete kan<br />

ze minnen wesen gedanchaft,<br />

den treit benamen dirre haft<br />

von zine, dem swachen dinge,<br />

ze guldîner linge<br />

und ze lieber âventiure.<br />

Obene in die fossiure<br />

dâ wâren niwan driu vensterlîn<br />

schœn’ unde tougenlîchen în<br />

gehouwen durch den ganzen stein,<br />

dâ diu sunne hin în schein.<br />

Der einez ist diu güete,<br />

daz ander diemüete,<br />

daz dritte zuht. Ze disen drîn<br />

dâ lachet in der süeze schîn,<br />

diu sælige gleste,<br />

êr’, aller liehte beste,<br />

und erliuhtet die fossiure<br />

wertlîcher âventiure.<br />

Ouch hât ez guote meine,<br />

daz diu fossiure als eine<br />

in dirre wüesten wilde lac;<br />

daz man dem wol gelîchen mac,<br />

daz minne und ir gelegenheit<br />

niht ûf die strâze sint geleit<br />

noch an dehein gevilde;<br />

si lôschet in der wilde.<br />

Ze ir klûse ist daz geverte<br />

arbeitsam unde herte.<br />

Die berge ligent dar umbe<br />

in maneger swæren krumbe<br />

verirret hin unde wider.<br />

Die stîge sint ûf unde nider<br />

uns marteræren allen<br />

mit velsen sô vervallen,<br />

wir engân dem pfade vil rehte mite,<br />

verstôze wir an einem trite:<br />

wir enkomen niemer mêre<br />

ze guoter widerkêre.<br />

Swer aber sô sælic mac gesîn,<br />

daz er zer wilde kumet hinîn,<br />

der selbe hât sîn arebeit<br />

vil sæleclîchen an geleit:<br />

der vindet dâ des herzen spil;<br />

swaz sô daz ôre hœren wil,<br />

und swaz dem ougen lieben sol,<br />

des alles ist diu wilde vol.<br />

und vor Falschheit und Gewalt geschützt.<br />

Der heimliche Hebel,<br />

der von außen<br />

zur Schnalle hineinführte,<br />

war eine zinnerne Spindel.<br />

Die Schnalle war mit Recht (‚wie sie mit Recht sollte‘) aus Gold<br />

Schnalle und Hebel, die beiden,<br />

hätten nicht besser<br />

entsprechend ihren Eigenschaften verwendet werden können:<br />

das Zinn ist die gute Aufmerksamkeit<br />

auf eine heimliche Sache;<br />

das Gold ist das Gelingen.<br />

Zinn und Gold passen gut dazu:<br />

seine Aufmerksamkeit kann jeder<br />

nach seinem Willen führen<br />

und so leicht wie Zinn dicker oder dünner,<br />

kürzer oder länger,<br />

freier oder enger machen,<br />

so oder so, her oder hin,<br />

mit leichter Mühe, wie man Zinn biegt,<br />

und es passiert kein Schaden dabei.<br />

Wenn aber jemand in rechter Güte<br />

an die Minne zu denken versteht,<br />

so führt ihn dieser Hebel<br />

aus schwachem Zinn<br />

zu goldenem Gelingen<br />

und liebem Abenteuer.<br />

Oben in die Höhle<br />

waren nur drei Fenster<br />

schön und heimlich<br />

durch den ganzen Stein hineingehauen,<br />

durch die die Sonne hineinschien.<br />

Das eine ist die Güte,<br />

das andere die Demut,<br />

das dritte Zucht. Zu diesen dreien<br />

lacht der süße Schein,<br />

der selige Glanz,<br />

die hellste und beste Ehre herein<br />

und erleuchtet die Grotte<br />

irdischen Glücks (âventiure ‚was zufällig begegnet‘, ‚Abenteuer‘; hier positiv,<br />

also etwa ‚Glück‘). Auch hat es einen guten Sinn,<br />

dass die Grotte so allein<br />

in dieser wüsten Wildnis lag,<br />

das kann man damit vergleichen,<br />

dass Minne und die Gelegenheit zu ihr<br />

weder an der Straße<br />

noch auf freiem Feld liegen.<br />

Sie logiert in der Wildnis.<br />

Der Weg zu ihrer Klause<br />

ist mühsam und hart.<br />

Berge liegen unterwegs<br />

mit vielen beschwerlichen Kurven<br />

um sie gestreut.<br />

Die Steige sind auf und ab<br />

zu unserem Leid<br />

so mit Felsen verlegt,<br />

dass wir den Pfad verlieren,<br />

wenn wir nur einen falschen Tritt machen,<br />

und dann kommen wir nie mehr<br />

heil zurück.<br />

Wenn aber jemand so glücklich ist,<br />

dass er in die Wildnis hineinfindet,<br />

der hat seine Mühe<br />

glückbringend angelegt:<br />

der findet da Herzensfreude.<br />

Was das Ohr hören will<br />

und was dem Auge lieb ist,<br />

diese Wildnis ist voll von dem allem.

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