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aktuell | Online-Durchsuchungen<br />

Stefan Krempl<br />

Kommissar Trojaner<br />

ermittelt<br />

Nach zweijährigem Streit haben Bund und Länder<br />

das BKA-Gesetz verabschiedet<br />

Kurz vor Weihnachten machte der Bundesrat mit der denkbar knappsten Mehrheit<br />

von 35 zu 34 Stimmen die Bescherung perfekt: Die Länderchefs nickten die zuvor<br />

im Vermittlungsausschuss mit dem Bundesrat leicht entschärfte Version der Novelle<br />

des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) ab. Die Wiesbadener Polizeibehörde<br />

erhält damit unter dem Aufhänger der Terrorabwehr umfangreiche Überwachungsbefugnisse<br />

einschließlich der Lizenz zu heimlichen Online-Durchsuchungen.<br />

Es war keine leichte Geburt:<br />

Erst wollte die SPD-Bundestagsfraktion<br />

partout die Entscheidung<br />

des Bundesverfassungsgerichts<br />

zu Online-Razzien in Nordrhein-Westfalen<br />

abwarten, dann<br />

stellten sich nach weiteren monatelangen<br />

Verhandlungen und<br />

dem Segen des Bundestags die<br />

Länder beim BKA-Gesetz quer.<br />

Da konnte dem ein oder anderen<br />

Politiker in der Union, die am<br />

liebsten ein noch viel schärferes<br />

Polizeigesetz für die Wiesbadener<br />

Behörde erlassen hätte,<br />

schon der Kragen platzen. „Ich<br />

finde es geradezu paradox und<br />

fahrlässig, die Terrorismusbekämpfung<br />

in die Hände des Bundes<br />

zu legen, und ihm dann nicht<br />

die Mittel zu geben, die man im<br />

eigenen Bundesland beansprucht“,<br />

donnerte Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel (CDU). Zuvor<br />

hatte ihr Partei- und Kabinettskollege<br />

Wolfgang Schäuble den<br />

Bundesinnenminister Wolfgang<br />

Schäuble begrüßte die Verabschiedung<br />

des BKA-Gesetzes:<br />

Die Wiesbadener Polizeibehörde<br />

erhalte endlich die für eine<br />

erfolgreiche Bekämpfung des<br />

internationalen Terrorismus so<br />

wichtige Aufgabe der Prävention<br />

einschließlich der hierfür<br />

erforderlichen Befugnisse.<br />

Ländern bereits die Pistole auf<br />

die Brust gesetzt: Entweder es<br />

gebe eine Einigung vor der<br />

Jahreswende, bestimmte der<br />

Bundesinnenminister, „oder das<br />

Gesetz kommt gar nicht mehr zustande“.<br />

Anhaltende Bedenken gab es<br />

bei führenden Sozialdemokraten.<br />

Auch die Jusos, die mit<br />

ihrem prinzipiellen Nein zum<br />

Einsatz des Bundestrojaners in<br />

Sachsen das vom Bundestag im<br />

November verabschiedete Vorhaben<br />

(siehe c’t 25/2008, S. 48)<br />

im Bundesrat zunächst ins Stolpern<br />

brachten, sprachen sich<br />

weiterhin gegen das Gesetz aus.<br />

Trotzdem einigten sich Spitzenpolitiker<br />

von Bund und Ländern<br />

bereits Anfang Dezember auf<br />

einen Kompromiss. Die SPD<br />

konnte dabei durchsetzen, dass<br />

heimliche Online-Durchsuchungen<br />

grundsätzlich von einem<br />

Richter genehmigt werden. Die<br />

geplante Eilfallregelung, in der<br />

die PC-Razzien auch ohne Richterbeschluss,<br />

nur auf Anweisung<br />

des BKA-Chefs hin, möglich gewesen<br />

wären, entfällt.<br />

Auch über den Schutz des<br />

Kernbereichs privater Lebensgestaltung<br />

soll die Justiz gemeinsam<br />

mit dem namentlich nicht<br />

genannten Datenschutzbeauftragten<br />

des BKA und zwei weiteren<br />

Beamten der Behörde wachen.<br />

Zudem wurden die Zuständigkeiten<br />

des BKA und der<br />

Länderpolizeien etwas klarer definiert,<br />

damit sich beide Seiten<br />

bei der Fahndung nicht ins Gehege<br />

kommen. Nicht durchsetzen<br />

konnten sich die Sozialdemokraten<br />

mit ihrer Forderung, das<br />

Zeugnisverweigerungsrecht für<br />

sogenannte Berufsgeheimnisträger<br />

in Form von Anwälten, Ärzten<br />

oder Journalisten zu stärken.<br />

Hurtig, hurtig<br />

Im Galopp ging es nach der Einigung<br />

weiter. Obwohl Verbände<br />

schier täglich vor der Untergrabung<br />

des Informanten-, Mandanten-<br />

und Patientenschutzes<br />

warnten, elf Chefredakteure und<br />

Herausgeber namhafter Medien<br />

Mitte Dezember im „Spiegel“<br />

gegen einen „Anschlag auf die<br />

Pressefreiheit“ protestierten und<br />

die Opposition weiter gegen<br />

den „Bürgerrechtskiller BKA-<br />

Gesetz“ mobil machte, ging<br />

der Kompromiss im eigentlichen<br />

Vermittlungsverfahren glatt<br />

durch. Ohne weitere Aussprache<br />

nickte einen Tag später der<br />

Bundestag die überarbeitete<br />

Fassung ab, in schneller Folge<br />

schließlich der Bundesrat.<br />

Nicht alle möchten in den<br />

Jubel des Bundesinnenministers<br />

über das BKA-Gesetz<br />

einstimmen: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,<br />

stellvertretende Fraktionschefin<br />

der Liberalen im<br />

Bundestag, beklagte einen<br />

„schwarzen Tag für die<br />

Grundrechte“.<br />

Seit 1. Januar halten die Ermittler<br />

im personell wie technisch<br />

gut ausgerüsteten BKA nun<br />

weitgehende präventive Kompetenzen<br />

unter dem Aufhänger der<br />

Terrorismusbekämpfung in den<br />

Händen. Neu ist die Lizenz zum<br />

„verdeckten Eingriff in informationstechnische<br />

Systeme“, vulgo<br />

heimliche Online-Durchsuchung.<br />

Die Erlaubnis zum Schnüffeln<br />

etwa auf Festplatten wird beschränkt<br />

auf die Abwehr von Gefahren<br />

für höchste Rechtsgüter<br />

wie Leib, Leben oder Freiheit<br />

einer Person. Zulässig ist sie aber<br />

auch bei einer Bedrohung von<br />

Gütern der Allgemeinheit, wenn<br />

es dabei um den Bestand des<br />

Staates oder der menschlichen<br />

Existenzbedingungen geht. „Bestimmte<br />

Tatsachen“ müssen die<br />

Annahme einer entsprechenden<br />

Gefahr nahe legen.<br />

Bestimmungen, wie der Bundestrojaner<br />

auf die Rechner Verdächtiger<br />

gelangen soll, finden<br />

sich in dem allgemein gehaltenen<br />

Gesetz nicht. Schäuble und<br />

seine SPD-Kollegin im Justizressort,<br />

Brigitte Zypries, hatten sich<br />

im Frühjahr allein darauf verständigt,<br />

dass die Ermittler für die Installation<br />

der Spionagesoftware<br />

nicht in Wohnungen eindringen<br />

dürfen (siehe c’t 17/08, S. 90).<br />

Bleiben also Sicherheitslücken,<br />

Schwachstellen oder die Dummheit<br />

mancher Nutzer, die es für<br />

die Fahnder im Falle eines Falles<br />

ausfindig zu machen gilt. Zum<br />

Einsatz kommen sollen laut BKA<br />

maßgeschneiderte Lösungen,<br />

die auf das System und die Situation<br />

eines Verdächtigen zugeschnitten<br />

sind.<br />

Umfassend<br />

Unterbleiben muss eine heimliche<br />

Online-Durchsuchung nur,<br />

wenn sich für die Beamten von<br />

vornherein abzeichnet, dass<br />

dabei „allein“ Erkenntnisse aus<br />

dem eigentlich absolut zu schützenden<br />

Kernbereich abgefischt<br />

würden. Dies ist beim Angriff auf<br />

eine Festplatte aber kaum vorstellbar,<br />

da darauf öffentliche<br />

und sehr private Daten in der<br />

Regel gemischt abgelegt werden.<br />

Verfassungsrechtlich Vorrang<br />

habe jedoch ein stärkerer<br />

Schutz der Intimsphäre durch<br />

einen Verzicht auf eine Datenerhebung<br />

im Zweifelsfall, hatte<br />

Wolfgang Hoffmann-Riem, früherer<br />

Richter am Bundesverfassungsgericht,<br />

die Koalition im<br />

Sommer noch gewarnt. Ausnah-<br />

34 c’t 2009, Heft 2<br />

©<br />

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