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Report | Quantenkryptografie<br />
zeugt und verteilt. Praktisch wird<br />
diese Möglichkeit aber kaum genutzt.<br />
Das liegt nicht nur an den<br />
noch stolzen Preisen von rund<br />
100ˇ000 Euro für die komplexen<br />
Systeme. Mit den anfänglichen<br />
Schlüsselerzeugungsraten von<br />
etwa einem Kilobit pro Sekunde<br />
bei Schlüssellängen von etwa 50<br />
kBit und einer Höchstreichweite<br />
von etwa 100 Kilometern schienen<br />
zunächst auch die technischen<br />
Möglichkeiten nur für<br />
einen sehr beschränkten Anwenderkreis<br />
interessant, zumal es<br />
noch keine herstellerübergreifende<br />
Standardisierung gibt, um<br />
eine Integration in bestehende<br />
Systeme zu erleichtern. Und<br />
nicht zuletzt sind die bisher noch<br />
üblichen Punkt- zu-Punktverbindungen<br />
zwischen Sender und<br />
Empfänger nur abhörsicher, aber<br />
nicht ausfallsicher, denn auch sie<br />
kann man ganz einfach mittels<br />
Denial-of-Service(DoS)-Attacken<br />
unbenutzbar machen.<br />
Nur vernetzt<br />
wirklich stark<br />
Die Forscher des SECOQC-Projektes installierten das Quantennetzwerk<br />
in einem Glasfasernetz, das vier Siemens-Standorte in<br />
Wien und einen in St. Pölten miteinander verbindet.<br />
Diese und weitere Mankos wollten<br />
Forschergruppen aus ganz<br />
Europa mit der Entwicklung<br />
eines Quantennetzwerks beheben,<br />
um so die Technik markttauglicher<br />
zu machen. Das von<br />
der EU mit insgesamt 11,4 Millionen<br />
Euro geförderte Projekt<br />
„Development of a Global Network<br />
for Secure Communication<br />
Based on Quantum Cryptography“<br />
(SECOQC) startete im April<br />
2004 mit 41 Forschungs- und Industriepartnern<br />
aus zwölf Ländern<br />
[3]. Sie arbeiteten in acht<br />
Subprojekten zusammen, die<br />
sich mit der Netzwerkimplementierung,<br />
der Quanteninformationstheorie,<br />
den Quantenkryptografiesystemen,<br />
der Entwicklung<br />
von Komponenten, der<br />
Netzwerkarchitektur, der Zertifizierung<br />
und Standardisierung,<br />
der Systemintegration und der<br />
Gesamtprojektleitung beschäftigten.<br />
Letztere lag bei Christian<br />
Monyk von Austrian Research<br />
Centers (ARC), dem größten<br />
außeruniversitären Forschungsunternehmen<br />
Österreichs.<br />
Zum vorläufigen Abschluss<br />
des Projekts präsentierten die<br />
Wissenschaftler im Oktober in<br />
Wien erstmals den Einsatz ihres<br />
Netzwerks und stellten ihre Ergebnisse<br />
bei einer anschließenden<br />
Fachkonferenz vor. Bei der<br />
auch per Streaming im Internet<br />
gezeigten Live-Demonstration<br />
sicherte das Projekt Voice-over-<br />
IP-Telefonate und eine Videokonferenz<br />
mit Quantenschlüsseln<br />
ab, die im Quantennetzwerk<br />
über eine maximale Entfernung<br />
von 85 Kilometern erzeugt und<br />
verteilt worden waren.<br />
Die VoIP-Telefonate wurden<br />
für die Internetübertragung per<br />
One-Time-Pad verschlüsselt. Bei<br />
diesem Verfahren ist allerdings<br />
der Schlüssel genauso lang wie<br />
die zu verschlüsselnde Botschaft,<br />
was seinem Einsatz in der Praxis<br />
Grenzen setzt: Für eine fortlaufende<br />
One-Time-Pad-Verschlüsselung<br />
einer Videokonferenz zwischen<br />
mehreren Knotenpunkten<br />
des Netzwerks reichen die Schlüsselerzeugungsraten<br />
der verwendeten<br />
QKD-Verfahren von einigen<br />
Kilobit pro Sekunde nicht<br />
aus. Bei der SECOQC-Demonstration<br />
wurde die Videoübertragung<br />
daher über das symmetrische<br />
Blockchiffre-Verfahren AES verschlüsselt,<br />
dessen Sicherheit man<br />
mit einem sehr häufigen Wechsel<br />
der vom Quantennetzwerk gelieferten<br />
Schlüssel noch erhöhte. Da<br />
QKD eine höhere Sicherheit bietet<br />
als AES, Diffie-Hellman aber<br />
als schwächer gilt als AES, ist die<br />
für die Videokonferenz gewählte<br />
Kombination zwar nicht absolut<br />
sicher, erreicht aber eine noch<br />
höhere Sicherheit als die verbreitete<br />
Kombination von AES und<br />
Diffie-Hellman.<br />
Verwirklicht wurde das mittlerweile<br />
wieder abgebaute SE-<br />
COQC-Quantennetz in einem von<br />
Bild: SECOQC-Projekt/ARC<br />
Siemens zur Verfügung gestellten<br />
firmeninternen Glasfaserring, der<br />
fünf Standorte in Wien und St.<br />
Pölten verbindet. Sechs Knotenpunkte<br />
und acht Links wies<br />
dieses Netz auf, wobei es sich<br />
um sieben Glasfaserverbindungen<br />
mit Längen zwischen 6 und<br />
85 Kilometern Länge sowie eine<br />
rund 80 Meter messende direkte<br />
Sichtverbindung („free space<br />
link“) zwischen zwei Teleskopen<br />
handelte. Über standardisierte<br />
Schnittstellen wurden in das<br />
Netzwerk acht Paare von Sendeund<br />
Empfangsgeräten zur Erzeugung<br />
und Verteilung geheimer<br />
Schlüssel integriert, die auf insgesamt<br />
sechs verschiedenen quantentechnischen<br />
Ansätzen fußen.<br />
Sechs Systeme<br />
unter einem Hut<br />
Fünf der QKD-Module arbeiten<br />
mit stark abgeschwächten Laserpulsen,<br />
die in der Regel nur ein<br />
einzelnes Photon enthalten. So<br />
schickte das Schweizer Unternehmen<br />
id Quantique ein System<br />
namens „Plug and Play“<br />
nach Wien, eine verbesserte Version<br />
des bei den Genfer Wahlen<br />
im Herbst 2007 eingesetzten<br />
Vectis-Systems [4]. Die versendeten<br />
Bits werden hier in Phasenverschiebungen<br />
aufeinanderfolgender<br />
Einzelphotonen kodiert.<br />
Eine Rundreise der Photonen<br />
von Alice zu Bob und zurück<br />
macht das Verfahren gegen<br />
Temperaturschwankungen und<br />
andere Störungen unempfindlich.<br />
Zusammen mit der Uni Genf<br />
und den Austrian Research Centers<br />
(ARC) war id Quantique auch<br />
noch mit einem Ansatz namens<br />
„Coherent One Way System“,<br />
kurz COW, vertreten. Die Bitwerte<br />
überträgt man hier über die<br />
Sendegerät (Alice)<br />
speziell angefertigte<br />
Elektronik<br />
Einzelphotonen-Detektoren<br />
Glasfaserspule (25 km)<br />
Empfangsgerät (Bob)<br />
speziell angefertigte<br />
Elektronik<br />
Prozessor<br />
Polarisationssteuerung<br />
Prozessor<br />
Quelle für verschränkte Photonen<br />
Quantenkanal<br />
(1550 nm)<br />
öffentlicher Kanal<br />
Verbindungen zu<br />
Einzelphotonen-<br />
Detektoren<br />
Quantenkanal (1550 nm)<br />
öffentlicher Kanal<br />
Bilder: Uni Wien / ARC<br />
Rack-taugliche Quantentechnik: Bei diesen von österreichischen und schwedischen Forschern entwickelten<br />
Modulen übertragen verschränkte Photonenpaare die Informationen.<br />
68 c’t 2009, Heft 2<br />
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