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aktuell | Online-Durchsuchungen<br />

men dürfe es nur geben, wenn<br />

ein Verdächtiger „absichtlich und<br />

zielgerichtet“ eine den Kernbereich<br />

angeblich betreffende<br />

Kommunikation vortäusche, um<br />

eine Überwachung zu verhindern.<br />

Die gesamte Klausel zu Online-Razzien<br />

geht zunächst in<br />

eine ungewöhnlich lange Probezeit:<br />

Die große Koalition im<br />

Bundestag befristete sie bis 2020.<br />

Das künftige Arsenal für das<br />

BKA umfasst über die heimliche<br />

Online-Durchsuchung hinaus in<br />

den Paragraphen 20a bis x des<br />

BKA-Gesetzes unter anderem Befugnisse<br />

für bundesweite Rasterfahndungen<br />

unter Einschluss<br />

von Datensammlungen „nichtöffentlicher<br />

Stellen“, den großen<br />

Späh- und Lauschangriff auf<br />

Wohnräume mit Mini-Kameras<br />

und Wanzen sowie zur präventiven<br />

Telekommunikationsüberwachung<br />

einschließlich Abhören<br />

der Internet-Telefonie. Bei dieser<br />

sogenannten „Quellen-TKÜ“, also<br />

dem Abhören der Internet-<br />

Telefonie auf dem PC eines Verdächtigen<br />

schon vor der Verschlüsselung<br />

zur Übertragung,<br />

soll das Abgreifen allein der „laufenden“<br />

Kommunikation vor<br />

oder nach einer Entschlüsselung<br />

von VoIP gestattet sein. Die<br />

Grenzen zu einer Festplatten-<br />

Inspektion, die höheren Eingriffsschwellen<br />

unterliegt, halten<br />

Experten aber für fließend. Die<br />

Ermittler dürfen zudem Verbindungs-<br />

und Standortdaten abfragen<br />

oder Mobiltelefone mit<br />

dem IMSI-Catcher orten. Zudem<br />

können sie in vielen Fällen gewonnene<br />

Informationen mit Geheimdiensten<br />

austauschen.<br />

Auf nach Karlsruhe<br />

Neben Verbänden der beim<br />

Zeugnisverweigerungsrecht benachteiligten<br />

Berufsgruppen<br />

halten auch Oppositionspolitiker<br />

die endgültige Verabschiedung<br />

des Gesetzes für verfassungswidrig.<br />

Die frühere Bundesjustizministerin<br />

Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger (FDP) sprach<br />

von einem „schwarzen Tag für<br />

die Grundrechte“. Die stellvertretende<br />

Fraktionschefin der Liberalen<br />

im Bundestag warf der großen<br />

Koalition vor, „große verfassungsrechtliche<br />

Probleme“ zu<br />

schaffen. Die anhaltende Kritik<br />

am BKA-Gesetz sei „völlig berechtigt,<br />

weil die Kumulation an<br />

heimlichen Eingriffsbefugnissen<br />

die Grundrechte der Bundesbürger<br />

in bislang ungekanntem<br />

Ausmaß gefährdet“.<br />

Die Vizechefin der Linken im<br />

Parlament, Petra Pau, monierte,<br />

das Gesetz wirke „wider den<br />

Rechtsstaat“. Es verändere „die<br />

Bundesrepublik gravierend zum<br />

Schlechteren“. Die Grünen-Vorsitzende<br />

Claudia Roth verurteilte<br />

den Vorstoß ebenfalls scharf: „Die<br />

große Koalition der Verfassungsfeinde<br />

aus CDU, CSU und SPD<br />

untergraben unseren Rechtsstaat“.<br />

Zugleich erklärte sie, die<br />

Grünen würden gegen das Gesetz<br />

vor das Bundesverfassungsgericht<br />

ziehen. Zuvor hatte bereits<br />

der frühere Bundesinnenminister<br />

Gerhart Baum Verfassungsbeschwerde<br />

angekündigt. Der<br />

Altliberale setzt dabei auf in vielfachen<br />

Verfahren in Karlsruhe bewährte<br />

Kampfgenossen wie Burkhard<br />

Hirsch. Die innenpolitische<br />

Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion,<br />

Gisela Piltz, schloss eine<br />

Organklage ihrer gesamten Fraktion<br />

nicht aus. „Verfassungsbruch<br />

lässt sich auch durch Wiederholungstaten<br />

nicht rechtfertigen“,<br />

erklärte sie unter Hinweis auf die<br />

Vorratsdatenspeicherung.<br />

Die Telepolis-Autorin Bettina<br />

Winsemann („Twister“) beauftragte<br />

ihren Anwalt von der Humanistischen<br />

Union noch am Tag<br />

der endgültigen Absegnung des<br />

Bereits im Oktober<br />

2008 hatten Zehntausende<br />

unter anderem<br />

gegen das BKA-<br />

Gesetz und die heimlichen<br />

Online-Durchsuchungen<br />

per<br />

„Bundestrojaner“<br />

demonstriert: Sie<br />

wandten sich unter<br />

dem Motto „Freiheit<br />

statt Angst“ gegen<br />

den Überwachungsstaat<br />

und die stetige<br />

Aushöhlung des<br />

Datenschutzes.<br />

vielfach als „faul“ titulierten Kompromisses<br />

mit einer Verfassungsbeschwerde<br />

gegen das Gesetz.<br />

Die Bürgerrechtlerin hatte – wie<br />

Baum – bereits erfolgreich in<br />

Karlsruhe gegen die Bestimmung<br />

zu Online-Razzien im Verfassungsschutzgesetz<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen geklagt. Sie bedauerte,<br />

„dass erneut das Bundesverfassungsgericht<br />

in Karlsruhe als Korrektiv<br />

für zu weitgehende Gesetze<br />

einschreiten muss“.<br />

Geheimnisse<br />

Schäuble begrüßte die Entscheidungen<br />

von Bundesrat und<br />

Bundestag dagegen „außerordentlich“.<br />

Damit sei es gelungen,<br />

ein „wichtiges sicherheitspolitisches<br />

Gesetzgebungsvorhaben“<br />

in dieser Wahlperiode zum Abschluss<br />

zu bringen. Den Protesten<br />

von Berufsgeheimnisträgern<br />

widersprach der CDU-Politiker<br />

und verwies darauf, dass die<br />

Regelungen zum Zeugnisverweigerungsrecht<br />

im BKA-Gesetz<br />

denen in der Strafprozessordnung<br />

entsprächen. Die Wahrung<br />

der besonderen Interessen<br />

von Ärzten oder Journalisten<br />

würde angesichts der erforderlichen<br />

„Verhältnismäßigkeitsprüfung“<br />

hinreichend gesichert.<br />

Sebastian Edathy, Vorsitzender<br />

des Innenausschusses des<br />

Bundestags, wies die Schelte<br />

von Medienverbänden ebenfalls<br />

zurück: „Es kann definitiv keinen<br />

Informantenschutz geben, der<br />

höher gewertet wird als die Sicherheit<br />

des Landes“, betonte<br />

der SPD-Politiker. „Ich stelle eine<br />

Hysterie in der öffentlichen Diskussion<br />

fest. Die speist sich<br />

unter anderem daraus, dass einige<br />

den Gesetzestext nicht richtig<br />

gelesen haben.“ Nun müssen<br />

sich die Karlsruher Richter die<br />

Zeit nehmen, die Artikel genau<br />

zu studieren.<br />

(jk)<br />

c’t 2009, Heft 2<br />

35<br />

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