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Report | Ortung<br />
Schnüffeln ist strafbar<br />
Wer selbst per Knopfdruck seinen<br />
aktuellen Aufenthaltsort<br />
ins Internet projiziert, gerät<br />
nicht mit Datenschutzrichtlinien<br />
oder Gesetzen in Konflikt.<br />
Anders sieht es aus,<br />
wenn man heimlich fremde<br />
Handys zur Ortung freischaltet<br />
oder jemandem einen<br />
selbsttätig funkenden GPS-<br />
Logger unterschiebt. Ab wann<br />
die Neugier zum Straftatbestand<br />
wird, erklärt Dr. Peter<br />
Wedde.<br />
c’t: Herr Professor Wedde, welche<br />
Gesetze schützen die Daten über<br />
den eigenen Aufenthaltsort?<br />
Peter Wedde: Zum einen gibt es<br />
die Datenschutzbestimmungen<br />
des Telekommunikationsgesetzes<br />
(TKG). Nach ihnen dürfen<br />
beispielsweise die Mobilfunkprovider<br />
nur solche Daten festhalten,<br />
die sie brauchen, um<br />
ihre Dienste abzurechnen. Aber<br />
auch die Ortung eines Mobiltelefons,<br />
die eine Privatperson<br />
freischalten lässt, fällt unter die<br />
Bestimmungen des Gesetzes.<br />
Bei Verstößen gegen die Datenschutzbestimmungen<br />
sieht es<br />
Strafen von bis zu fünf Jahren<br />
Haft vor.<br />
Dienen die Geräte nicht der<br />
Telekommunikation im Sinne<br />
des TKG, ist der Umgang damit<br />
gesetzlich nicht klar geregelt.<br />
Die Erhebung und Verarbeitung<br />
von Daten fällt dann unter<br />
das Bundesdatenschutzgesetz<br />
(BDSG). Damit muss entweder<br />
eine Einwilligung der betroffenen<br />
Personen vorliegen oder<br />
ein eindeutiger gesetzlicher Erlaubnistatbestand.<br />
In Betracht<br />
käme beispielsweise § 28 Abs. 1<br />
Nr. 1 BDSG, der bestimmte Datenerhebungen,<br />
Verarbeitungen<br />
und Nutzungen durch Dritte<br />
zur Wahrung berechtigter<br />
Interessen erlaubt. Meiner Auffassung<br />
nach gibt es diese berechtigten<br />
Interessen bei Privatpersonen<br />
allerdings nicht. Zudem<br />
steht das schutzwürdige<br />
Interesse der Betroffenen der<br />
Datenerhebung entgegen. Seit<br />
dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 27. Februar<br />
gibt es außerdem das Grundrecht<br />
auf Gewährleistung der<br />
Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer<br />
Systeme.<br />
Daraus leite ich ab: Wenn dem<br />
Staat die Einsicht in private<br />
Daten bei einer konkreten Gefahr<br />
für ein überragend wichtiges<br />
Rechtsgut und dann auch<br />
nur auf richterliche Anordnung<br />
erlaubt ist, dürfen Privatpersonen<br />
erst recht niemandem<br />
heimlich hinterherschnüffeln.<br />
c’t: Gilt das auch für die eigenen<br />
Kinder oder pflegebedürftige Verwandte?<br />
Wedde: Bei minderjährigen Kindern<br />
dürfen Eltern der Rechtslage<br />
nach eine solche Ortungsfunktion<br />
einrichten – was auch<br />
immer man darüber denken<br />
mag, ob es richtig ist, etwa Sechzehnjährige<br />
auf diese Weise<br />
kontrollieren zu wollen. Ältere<br />
Menschen dürfen ohne ihre Einwilligung<br />
nur dann überwacht<br />
werden, wenn eine Pflegschaft<br />
besteht. In allen diesen Fällen<br />
muss aber eine Interessenabwägung<br />
stattfinden. Es gibt also<br />
auch hier kein absolutes Kontrollrecht.<br />
c’t: Die Ortungsfunktion für Mobiltelefone<br />
lässt sich derzeit noch<br />
ganz bequem übers Internet und<br />
mit zwei SMS einrichten. Laut einem<br />
Kabinettsbeschluss vom Oktober<br />
2008 soll sich das im Zuge<br />
der kommenden Novelle des Telekommunikationsgesetzes<br />
ändern<br />
und die Einwilligung muss in Zukunft<br />
schriftlich gegeben werden.<br />
Dr. Peter Wedde, Professor<br />
für Arbeitsrecht und Recht der<br />
Informationsgesellschaft an<br />
der Fachhochschule Frankfurt<br />
am Main<br />
Wedde: Das wäre eine positive<br />
Veränderung der Situation. Einen<br />
solchen Brief abzufangen<br />
und die Unterschrift zu fälschen<br />
erfordert deutlich mehr kriminelle<br />
Energie, als heimlich auf<br />
einem Mobiltelefon Nachrichten<br />
im Namen anderer abzuschicken.<br />
c’t: Unter welchen Umständen<br />
darf die Polizei Handys orten?<br />
Wedde: Zunächst einmal darf<br />
sie dies aufgrund einschlägiger<br />
Vorschriften der Strafprozessordnung<br />
oder einzelner Polizeigesetze.<br />
Teilweise ist hierfür ein<br />
richterlicher Beschluss erforderlich.<br />
Darüber hinaus kommt<br />
eine Ortung auch in Betracht,<br />
wenn Gefahr im Verzug ist.<br />
Wenn jemand etwa nach einem<br />
schweren Unfall per Mobiltelefon<br />
Hilfe ruft und der Polizei<br />
eine ungenaue Ortsangabe<br />
gibt, ist eine Ortung des Geräts<br />
durch den Provider auch ohne<br />
ausdrückliche gesetzliche Regelung<br />
durch den allgemeinen<br />
Nothilfe-Tatbestand gedeckt.<br />
c’t: Wenn ich zufällig feststelle,<br />
dass mein Diensttelefon ohne<br />
mein Wissen vom Arbeitgeber<br />
geortet wird, was kann ich dann<br />
tun?<br />
Wedde: Für eine solche Totalüberwachung<br />
gibt es keine juristische<br />
Rechtfertigung, deshalb<br />
darf ein Arbeitgeber das<br />
meiner Ansicht nach nicht. Derartige<br />
Kontrollen verstoßen<br />
gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />
der Beschäftigten.<br />
Arbeitsrechtlich stößt man<br />
allerdings auf ein praktisches<br />
Problem: Ein Arbeitnehmer<br />
müsste die unzulässige Totalüberwachung<br />
im Streitfall durch<br />
ein Arbeitsgericht verbieten lassen.<br />
Ein Sieg vor Gericht bedeutet<br />
aber oft auch schnell das<br />
Ende der Karriere in diesem<br />
Unternehmen. Bei der derzeitigen<br />
wirtschaftlichen Situation<br />
hat man damit schlechte Karten.<br />
Den Arbeitnehmern wäre<br />
viel mehr geholfen, wenn die<br />
Gesetze explizite Verbote solcher<br />
Überwachungsmaßnahmen<br />
enthielten – die gibt es aber<br />
immer noch nicht.<br />
Ballungsgebieten – aber schließlich<br />
setzen sich die wenigsten<br />
mit ihrem Klapprechner zum Arbeiten<br />
auf die grüne Wiese.<br />
Ernsthaft vorm Verlorengehen<br />
schützen kann man teure Menschen<br />
und Karossen derzeit allerdings<br />
nur mit speziellen – und<br />
ebenfalls nicht ganz billigen –<br />
GPS-Trackern, die ihre eigene<br />
Position gleich an einen Server<br />
weiterleiten.<br />
Bei einem Gerät wie Spot hat<br />
es sein Besitzer selbst in der<br />
Hand, ob er per Knopfdruck seinen<br />
aktuellen Aufenthaltsort<br />
bekannt macht oder nicht. Hingegen<br />
stellt gerade im persönlichen<br />
Bereich jede kontinuierliche<br />
automatische Positionsübertragung<br />
oder Ortungsmöglichkeit<br />
von Außen einen<br />
massiven Eingriff in die Privatsphäre<br />
dar – egal, wie gut der<br />
Zweck auch gemeint ist. Hat<br />
man die Handy-Ortung ursprünglich<br />
mal für Notfälle freigeschaltet,<br />
sollte man konsequent<br />
in allen anderen Fällen<br />
die Finger davon lassen. (pek)<br />
Literatur<br />
[1]ˇOliver Lau, Global Positioning System,<br />
Antworten auf die häufigsten<br />
Fragen, c’t 24/07, S. 202<br />
[2]ˇSteffen Meyer, Wo bin ich?, Positionsbestimmung<br />
per WLAN, c’t<br />
5/08, S. 194<br />
[3]ˇOliver Lau, Fährtenleger, Dreizehn<br />
GPS-Logger ab 50 Euro, c’t 19/08,<br />
S. 106<br />
[4]ˇAchim Barczok, Zielsicher, Navis<br />
entdecken das Internet, planen<br />
die Fahrt ins Blaue und werden<br />
lernfähig, c’t 26/08, S. 164<br />
[5]ˇDušan Živadinović, Jean-Marie<br />
Zogg, GPS im Haus, Ortung per<br />
Handy: Funktion und Verfeinerung,<br />
c’t 20/04, S. 222<br />
[6]ˇDaniel Lüders, Teure Vielfunker,<br />
billige Pfadfinder, Mobilfunk-<br />
Navis als Nachrichtenzentrale im<br />
Auto, c’t 5/08, S. 30<br />
[7]ˇAbdeckung von Skyhook: www.<br />
skyhookwireless.com/howitworks/<br />
coverage.php<br />
Soft-Link 0902060<br />
c<br />
c’t 2009, Heft 2<br />
©<br />
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