Organisatorischer Zusammenschluss von Kleinunternehmen in der ...

Empirische Ergebnisse: Abfallwirtschaft in Freetown - Potentiale und Grenzen Klin Salones
er gerade möchte (IntKS 13). Trotz dieser Aussagen bleibt es schwierig die Schlüssigkeit dieser
Aussagen nachzuvollziehen. Andere Erklärungsmuster für die mangelnde Kooperation der Bevöl-
kerung bieten meines Erachtens daher mehr Erkenntnisgewinn. So bin ich durchaus der Meinung,
dass die gesellschaftliche Risikoproduktion soweit funktionsfähig ist, dass sie Gefahren durch in-
adäquaten Umgang mit Müll in Risiko übersetzt. Nur scheitert meines Erachtens das entspre-
chende Risikohandeln an einer Kombination, die sich in Folge institutioneller Konfigurationen,
des individuellen Nutzenkalküls und einer Prioritätensetzung - „Besser etwas zu Essen in ver-
schmutzter Umgebung“ als „Hunger in einem sauberen Umfeld“ - als Folge einer Verknappung
von assets ausprägt.
5.1.1 Wahrnehmung und Legitimität der öffentlichen Hand
Eine Ursache für die fehlende gesellschaftliche Unterstützung privater Akteuren der Abfallwirt-
schaft liegt in der Persistenz der Idee des Wohlfahrtstaates in den Köpfen der Gesellschaft 54 be-
gründet (dazu auch SOOD 2004: 20). So stellt es sich für die MSEs mitunter äußerst problema-
tisch dar, die Bevölkerung für ein Abonnement des Service Klin Salones zu gewinnen, da die Bür-
ger häufig nicht nachvollziehen können, dass die bis dato entgeltfreie Müllentsorgung nun kos-
tenpflichtig sein soll (IntMSE 7, IntKS 10). Ohnehin sei die Abfallbeseitigung die Aufgabe der
öffentlichen Hand, wovon selbst Mitarbeiter Klin Salones und der MSEs ausgehen (IntAbo 1,
IntAbo 3, IntAbo 7, IntAbo 10, IntAbo 11, IntAbo 12, IntAbo 13, IntMSE 2, IntMSE 5, IntMSE
6, IntKS 3, IntKS 13, IntKS 14):
„Some others are thinking they don’t have to pay us. Some of our customers are stubborn to pay,
because, they have never been used to such a system” (IntMSE 15).
Oder drastischer ausgedrückt: „They want the government to feed them“ (IntKS 13), wie es weniger
schmeichelhaft eine Mitarbeiterin Klin Salones äußerte. Da die Organisation aber erst seit einigen
Monaten existiert, konnte eine Sensibilisierung der Bevölkerung noch nicht in ausreichendem
54 Dass die Idee des Wohlfahrtsstaates trotz einer über Jahrzehnte fortdauernden Prekarisierung des Staates vorhanden
ist, scheint zunächst überraschend. Dennoch war diese Idee prominent in den Ergebnissen der Befragungen vertreten
und liefert einen Hinweis darauf, dass die „physischen“ Institutionen eines Staates zwar zerfallen sein können, die Idee
einer sierra-leonischen Gemeinschaft in den Köpfen der Gesellschaft aber trotzdem vorhanden sein kann und der Staat
als Imagination weiter besteht.
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