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Rahmeninformationen zu Sierra Leone: Prekarisierung und Rehabilitierung eines Staates
1. Kleine postkoloniale Geschichte Sierra Leones
„Of the West African colonies that came into independance in the 1960s, this territory is unmatched
in the recklessness with which its political elite has callously undermined the hopes and
aspirations of its people for political stability and the sustained improvement of living standards.
Now widely advertised as one of the world’s poorest nations, though with an immense potential
in human and material resources, this ill-fated republic has repeatedly squandered its opportunity
to institutionalize democratic governance, the rule of law, and the protection of the fundamental
freedoms of its people” (CONTEH-MORGAN/DIXON-FYLE 1999: 1).
Bei diesem vernichtenden Urteil fragt sich der Betrachter, wie aus Sierra Leone und der Haupt-
stadt Freetown, bei der Unabhängigkeit 1961 noch als „Athen Westafrikas“ bezeichnet, mit sei-
nen scheinbar äußerst günstigen Voraussetzungen einer der ärmsten Staaten der Welt werden
konnte. Die Geschichte Sierra Leones spiegelt durchaus das typische Muster der postkolonialen
Entwicklung der afrikanischen Staaten wieder. Auf diesem Weg, den so viele unabhängig gewor-
dene Territorien des Kontinents gehen mussten, wurde ein kurzes Demokratieexperiment in den
frühen 1960er Jahren relativ schnell durch dreißig Jahre Einparteien- oder Militärherrschaft abge-
löst (HIRSCH 2001: 28, KEEN 2005: 9). CONTEH-MORGAN/DIXON-FYLE sehen dabei ein Konti-
nuum von Programmen und Politiken der verantwortlichen Autoritäten, die schon in der Vorko-
lonialzeit begannen und sich bis heute fortsetzen 28 (1999: 1, auch KEEN 2005: 8). Es soll gezeigt
werden, wie der Staat Sierra Leone durch endogene und exogene Prozesse zwischen 1961 und
1991 prekarisiert wurde und als primärer Referenzrahmen für gesellschaftliche Akteure an Rele-
vanz verlieren musste. Der elfjährige Krieg zwischen 1991 und 2002, im Zuge dessen der Staat in
weiten Teilen des Landes quasi nicht mehr existent war und durch andere Regelwerke ersetzt
wurde, muss als Höhepunkt des Prekarisierungsprozesses gesehen werden. Zwar wird dabei nicht
ausführlich Bezug genommen auf eine Informalisierung von Wirtschaftstätigkeiten, da in diesem
Zusammenhang schlicht die Literatur fehlt bzw. keine empirischen Erhebungen gemacht wurden.
Trotzdem sind die Folgen der Ereignisse der 1990er Jahre von maßgeblicher Bedeutung für die
Postkonfliktperiode sowie ihren entsprechenden institutionellen Konfigurationen.
28 Weiterführend für (Prä-) Kolonialzeit siehe CONTEH-MORGAN/DIXON-FYLE (1999). In diesem Rahmen soll jedoch
ausführlicher nur auf die Postkolonialperiode eingegangen werden.
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