Diplomarbeit von Yvonne Mattes als PDF ... - Simple Power

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Anhang 98 „was sein könnte“, gilt. 332 Um einen Einblick in die zwei verschiedenen Denkprozesse zu erhalten dient folgender Gesprächsauszug: Wir können die Wirklichkeit nicht abbilden,“ sagen die Konstruktivisten. „Wir können sie nur begreifen. Wahrnehmung ist Beziehung. Wir bringen uns selbst ein in das, was wir zu begreifen suchen. Die Struktur unserer Denkund Wahrnehmungsorgane determiniert zu 90 %, was wir wahrnehmen.“ „Aber,“ sagen die Phänomenologen, „relativiert ihr nicht zu sehr die andere Seite der Beziehung? Bis dahin, dass ihr sagt, es gibt sie nicht? Und betont nur die eigene innere Struktur der Lebewesen als ausschlaggebend für die Wahrnehmung? 333 ESSEN stellt im Zusammenhang mit dem Dialog die Frage: „Ist alles Beziehung oder ist die Wirklichkeit auch gegenständlich?“ 334 Die Antwort sieht er darin, dass die Intuitive Wahrnehmung, auch umschrieben mit phänomenologischer Wahrnehmung, nicht in einem Widerspruch zu konstruktivistischen Auffassungen steht. 335 Die Meinung, dass Phänomenologie und Konstruktivismus sich ergänzen, wird häufig in der Literatur vertreten. WEBER sieht beispielsweise die systemisch-konstruktivistische und die systemisch-phänomenologische Zugangsweise als sich gegenseitig ergänzend und ein „sowohl-als-auch“. Er differenziert zwischen einem theoretischen Gerüst, welches der systemisch-konstruktivistische Zugang bereitstellt, um die vernetzten Strukturen in sozialen Systemen zu verstehen und zu beeinflussen. Die phänomenologische Sichtweise ist hingegen darauf fokussiert, die Wahrnehmungsfähigkeit und Sensibilität für Beziehungsstrukturen zu schärfen und unbekanntes aufzudecken. 336 Begründet wird dieser sich gegenseitig ergänzende Ansatz, indem unter anderem davon ausgegangen wird, dass Phänomene (d.h. das unbekannte) und deren Interpretationen nicht getrennt voneinander betrachtet werden können und „nicht entkoppelbar“ sind. Die phänomenologische Sichtweise besteht in diesem Zusammenhang darin, dass im Aufstellungsprozess Phänomene wahrgenommen werden, die einer real bestehenden Welt zu Grunde liegen. Diesen Phänomenen wird durch den Teilnehmerkreis permanent Sinn und Bedeutung verliehen in Form von Interpretation. Aus der konstruktivistischen Perspektive können Aufstellungen mögliche Wirklichkeitskonstruktionen und Lösungen abbilden. Konstruktionen enthalten als Konsequenz an sich schon „Interpretation und Sinngebung“ und sind damit ebenfalls 332 Vgl. Horn, Brick (2001) S. 40 f. 333 Essen (2001) S. 106 334 Essen (2001) S. 106 335 Essen (2001) S. 106 f. 336 Vgl. Weber (2000) S. 35
Anhang 99 „nicht entkoppelbar“. 337 GMINDER verdeutlicht den phänomenologischen und konstruktivistischen Zusammenhang im Aufstellungsprozess folgendermaßen: Im Ist-Bild werden zunächst komplexe soziale und thematische Zusammenhänge offen gelegt bzw. dekonstruiert. In der Prozessarbeit wird dann eine mögliche Lösungssicht konstruiert bzw. verschiedene mögliche Zukünfte simuliert. […]. 338 Ein weiterer Zusammenhang besteht darin, dass beide Ansätze annehmen dass der Wahrnehmungsprozess durch die Person die wahrnimmt beeinflussbar ist und letztlich keine objektive Wirklichkeit erkennbar ist. 339 Beide Methoden gehen von einer: „Beeinflussung des Wahrgenommenen im Wahrnehmungsprozess durch den Wahrnehmenden“ aus. Man kann daher sagen, beide Richtungen gelten als konstruktivistisch, da bewusst ist, dass die Wirklichkeit nicht direkt erkennbar ist. 340 337 Vgl. Gminder (2005) S. 57-60 338 Gminder (2005) S. 59 f. 339 Vgl. Sparrer (2001 S. 71 340 Vgl. Sparrer (2001) S. 68
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