Diplomarbeit von Yvonne Mattes als PDF ... - Simple Power
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Anhang 115<br />
A: Ja. Also ich will <strong>als</strong> erstes einmal ablehnen, dass es hier um Wahrheit geht, weil das<br />
wäre schon mal der erste Streitpunkt. Was ist überhaupt Wahrheit? Sondern es geht<br />
darum, dass sich bestimmte Aspekte eines Problems oder Phänomens zeigen und<br />
andere bleiben verborgen, je nach dem was ich aufstelle. Der Vorteil ist aber der, dass<br />
ich durch Aufstellungen Aspekte sichtbar und erlebbar machen kann, die dem logischanalytischen<br />
Betrachten verborgen sind.<br />
Y: Ok.<br />
A: Und damit kann ich gerade bei komplexen Fragestellungen eine dahinter stehende<br />
Dynamik auch zeigen. Während man sonst einfach auf der Oberfläche bleibt. Zum<br />
Beispiel ein Banker sagt, ich habe einen Kunden der will einen 2-Millionen-Kredit, ich<br />
fühle mich aber nicht wohl damit. Wegen seiner Unsicherheit kommt er in die<br />
Aufstellung und stellt auf. Und dann geht es dem Stellvertreter für den Kredit in der<br />
Aufstellung nicht gut. Ein ganz merkwürdiges Phänomen, einem Kredit geht es nicht<br />
gut. Von da aus kann man weiterhin fragen: „wo stecken die Probleme?“ Dann wird<br />
eben sichtbar, dass es in Unternehmen ganz bestimmte Problemstellungen gibt, die<br />
einfach für die Bank bzw. für die Sicherung des Kredites relevant sind und nicht gelöst<br />
sind bis jetzt.<br />
Y: Das klingt spannend.<br />
A: So, das ist <strong>als</strong>o diese subjektive, emotionale Wahrnehmung. Das ist ja an sich<br />
unlogisch, dass ein Kredit Gefühle haben kann. Das führt dazu, dies auf der logischen<br />
Ebene zu hinterfragen: „was kann da dran sein?“<br />
Y: Denken sie trotzdem, dass die systemisch-konstruktivistische Sichtweise noch mehr<br />
Akzeptanz bei Organisationen und Unternehmen schaffen kann?<br />
A: Es wird noch eine Weile dauern, bis es eine größere Akzeptanz gibt. Die Methode<br />
der Aufstellungen wird in Konzernen benutzt. Das ist keine Frage. Nokia arbeitet mit<br />
der Methode genauso wie Siemens, BMW und Daimler Chrysler. Also eine ganze<br />
Reihe <strong>von</strong> Konzernen setzt dies ein. Häufig im Bereich Konfliktbewältigung, aber zum<br />
Teil auch bei Umorganisation, oder bspw. Neuorganisationen <strong>von</strong> Teilen, um zu<br />
Prüfen, wie wirkt sich die Organisation auf die Betroffenen aus.<br />
Y: Also sie denken jetzt nicht daran, die Akzeptanz vom systemischkonstruktivistischen<br />
Ansatz abhängig zu machen ist?<br />
A: Nein, nein, nein<br />
Y: Ok.<br />
A: Also die Akzeptanz hängt entscheidend da<strong>von</strong> ab, wie effektiv ist das Instrument,<br />
was bringt mich weiter. Wobei es ein ganz merkwürdiges Phänomen gibt. Selbst die<br />
Leute die gute Erfahrungen damit gemacht haben, kommen nicht automatisch wieder,<br />
wenn sie das nächste Problem haben. Also die Selbstverständlichkeit, die man heute<br />
hat, z.B. wenn ich Rückenschmerzen habe, gehe ich zum Krankengymnasten, da habe<br />
ich gute Erfahrungen gemacht – so läuft das noch nicht.