Die Geschichte des Seyns (GA 69) - gesamtausgabe
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tung und der sie lenkenden Machthaberschaft in den »historisch«<br />
bekannten Regierungs- und Staatsformen auf. Man findet<br />
sogar, daß vornehmlich die »autoritären« Staaten der reinen<br />
Machtentfaltung alle Zügel schießen lassen. <strong>Die</strong> »parlamentarischen«<br />
Staaten bewerten diese Machtentfaltung als das blinde<br />
Wüten einer nackten Gewaltgier im Unterschied zu der von<br />
ihnen besorgten Machtverteilung. Deren Machtspiel verläuft im<br />
Schein <strong>des</strong> »freien« Verhandelns und dieser Schein erzeugt den<br />
anderen, als sei solche Machtentfaltung allein »sittlich« im<br />
Gegensatz zur »autoritären« Gewaltausübung. <strong>Die</strong>ses wechselweise<br />
Beurteilen und Verurteilen der politischen Grundstellungen<br />
gehört zwar mit in die Form ihrer Machtentfaltung. Aber es<br />
verwehrt auch die wesentliche Einsicht in die metaphysische (aus<br />
dem Seienden als solchem im Ganzen bestimmte) Selbigkeit dieser<br />
neuzeitlichen Gestalten der politischen Machtentfaltung. <strong>Die</strong><br />
Selbigkeit wird durch ein Doppeltes bezeugt. Jede der politischen<br />
Grundstellungen behauptet sich in der Ausrufung eines »Ideals«:<br />
eine »Idee« der menschlichen Gemeinschaft und ihrer Beglückung<br />
wird als Maßstab der Beruhigung und der Ordnung<br />
<strong>des</strong> »Wirklichen« und damit seiner Umgestaltung angesetzt.<br />
Zum anderen aber wird diese »Idee« bestimmt als »Demokratie«,<br />
die dem »Volk« die maßgebende Machtstellung zuspricht.<br />
Jeder Zweifel an der metaphysischen Wesensgleichheit dieser<br />
Staatsformen zerbricht vollends daran, daß beide in der je von<br />
ihnen geprägten Öffentlichkeit in je verschiedener Weise denselben<br />
öffentlichen Schein in Geltung halten, als sei die Macht<br />
»dem Volke« zugeteilt. <strong>Die</strong>ser Schein gehört zum Vollzug der<br />
Machthaberschaft innerhalb einer politischen Machtentfaltung.<br />
Aber die Beförderung dieses Scheins kann nicht den politischen<br />
Machthabern als Irreführung zur Last gelegt werden, sowenig<br />
wie die Volksmeinung, die Macht könne jemals »beim Volke«<br />
sein, als bloße Dummheit gelten darf. Der »demokratische«<br />
Schein wird von den Regierten gleichermaßen erweckt und<br />
unterhalten wie von den »Regierern«; denn dieser Schein, die<br />
Macht »gehöre« Allen