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Die Geschichte des Seyns (GA 69) - gesamtausgabe

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Was die Macht feststellt, ist je<strong>des</strong>mal in bezug auf die je gerade<br />

ins Auge gefaßte und zur Mitteilung ausgewählte Tatsache<br />

unbedingt richtig. Es gibt keine andere Hinsicht auf andere<br />

Dinge, von der aus und innerhalb deren das Gesagte sogleich nur<br />

bedingt richtig sein müßte. Alle Aussagen der Macht sind unbedingt<br />

wahr. Wo daher verschiedene Machtpositionen einander<br />

entgegenstehen, sagt jede für sich ihre unbedingte Wahrheit.<br />

Keiner lügt. Und doch lügen alle. Genauer bedacht: da je<strong>des</strong>mal<br />

Jegliches in dem genannten Sinne unbedingt wahr ist, muß auch<br />

je<strong>des</strong>mal diese Art von Machtwahrheit unbedingt falsch sein.<br />

Noch deutlicher: ob wahr oder falsch in dem Sinne, daß in jeder<br />

Hinsicht je etwas bestimmt wird, dieses »ob-oder« ist für die<br />

Macht unwesentlich. Das »Wahre« kann auch ruhig und muß<br />

sogar das Falsche sein, denn auch das Falsche ist nicht das, worauf<br />

die Macht sich gründet und wonach sie sich selbst abschätzen<br />

und beurteilen ließe. Das Wahre ist eigentlich nur das<br />

Machtgemäße. Hier von einem Nutzen zu reden, führt leicht<br />

irre; da es ja auch nicht auf ein Nützliches für irgendwen und<br />

irgendeinen Zweck ankommt. Es gilt die Ermächtigung der<br />

Macht, und das Wahre ist wahr nicht als nützliches, sondern als<br />

in sich mächtiges.<br />

Man kann sich über diese Art von Wahrheit moralisch entrüsten,<br />

man muß aber wissen, daß dieses keine der Macht entsprechende<br />

Antwort ist. Auch kann der Rückzug ins Moralische<br />

dieses Wahrheitswesen, das Nietzsche überdies erkannt hat,<br />

niemals in seinem seynsgeschichtlichen Wesen ergründen und<br />

eine Überwindung vorbereiten. Man kann mit Hilfe der Moral<br />

nur ausweichen und d. h. sich selbst aus der <strong>Geschichte</strong>, die über<br />

die Loslassung <strong>des</strong> Machtwesens in die Machenschaft geht, ausschließen.<br />

<strong>Die</strong> Kläglichkeit <strong>des</strong> Christentums zeigt sich darin am deutlichsten,<br />

daß es zwischen unbedingten Machtpositionen hin und<br />

her pendelt und je nach Bedarf der einen oder anderen noch ihre<br />

<strong>Die</strong>nste anbietet.<br />

Hier wird auch erkennbar, daß im Bereich <strong>des</strong> hinschwin-

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