Die Geschichte des Seyns (GA 69) - gesamtausgabe
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63. »Dämonie der Macht«<br />
Davon pflegt man besonders gern dort zu reden, wo man eine<br />
»lebendige« Vorstellung von der »wirklichen« Macht zu besitzen<br />
meint. In Wahrheit aber ist dieses Gerede das beste Zeugnis für<br />
die Einsichtslosigkeit. <strong>Die</strong> Rede von der »Dämonie der Macht«<br />
setzt voraus, daß die Macht »eigentlich« und »natürlich«<br />
berechtigt und in gewissen Grenzen nötig sei, nur müßte sie eben<br />
»sittlich« gebunden und geleitet werden. Man denkt zunächst<br />
das Wesen der Macht aus einer flachen Gleichsetzung derselben<br />
mit der »Gewalt« als durchsetzt mit Moral und läßt aus dem<br />
Fehlen der sittlichen Steuerung dann die »Dämonie« entstehen.<br />
<strong>Die</strong> Hilflosigkeit dieser Vorstellung von Macht kennzeichnet<br />
die üblichen Schulmeisterurteile der Historiker über die<br />
<strong>Geschichte</strong>.<br />
64. Macht und Wahrheit<br />
Macht muß als Sein eine Offenheit und d. h. hier die Öffentlichkeit<br />
ermächtigen und so das ihr gemäße Wesen der »Wahrheit«<br />
zur Macht bringen. Wahr ist zufolge dem neuzeitlichen Gefüge<br />
<strong>des</strong> Machtwesens soviel wie richtig und richtig heißt sichernd<br />
gesichert-sicherstellend die Ermächtigung der Macht. Was dieser<br />
Ermächtigung je, von ihr selbst befohlen und gesteuert,<br />
»gerecht« wird, ist wahr und ist je nur insoweit und solange<br />
wahr. Wahr besagt soviel wie machtermächtigungsgerecht.<br />
Weil aber die Macht je unbedingt ist, ist auch je ihre Wahrheit<br />
niemals bedingt und relativ. Für diese Wahrheit gibt es nicht<br />
noch ein Übriges, das andere Hinsichten der Beurteilung gewähren<br />
und fordern könnte. Weil dieses Übrige zum voraus verbannt<br />
bleibt, ist die der Macht gehörige Wahrheit »unbedingt«. Daher<br />
muß auch die Macht in der öffentlichen Mitteilung ihrer Wahrheiten<br />
stets »festhalten im Grundsatz der unbedingten<br />
Wahrheit«.<br />
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