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JAHRBUCH - Glowfish

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Analytische Untersuchungen über die Psychologie des Hasses usw. 173<br />

lysanden besitzen, erinnern wir daran, daß dieser einerseits angab,<br />

unter einem bösen inneren Drange zu stehen, anderseits die unschönen<br />

Bilder als eine aufdringliche Belästigung empfand. Ohne Zweifel haben<br />

wir es also mit den Manifestationen verdrängter Wünsche zu tun,<br />

die wegen ihrer Verwerflichkeit<br />

auf der Bildfläche des Klarbewußtseins<br />

nicht erscheinen durften, und zwar spiegelt sich in den Phantasien<br />

der Inhalt jener<br />

vor dem Gewissen verborgenen Begierden mit großer<br />

Deutlichkeit. Noch überzeugender trat dieser symptomatische Wert<br />

der Wachträume im späteren Verlaufe der Analyse hervor, als Max<br />

mit seinem Bruder ausgesöhnt zu sein glaubte, aber eine Reihe neuer<br />

Mordphantasien produzierte. (S. unten.)<br />

Wenn nun äußerer oder innerer Zuspruch den Haß bekämpfte,<br />

stellte sich der böse Trieb dem Angreifer nicht in seiner wahren Gestalt.<br />

An seiner Stelle befand sich eine harmlose oder fatale Episode mit unbekannten<br />

Personen. Durch die Allegorie erlangte somit der Komplex<br />

den Vorteil, sich auswirken zu können, ohne der Gefahr des Entdecktwerdens<br />

ausgesetzt zu sein. Meine Ermahnungen verfehlten ihr Ziel,<br />

weil der Komplex nicht bloßgelegt wurde und die Anklage des eigenen<br />

sittlichen Bewußtseins nur auf Beobachtung einzelner relativ harmloserer<br />

äußerer Symptome, lästiger Erinnerungen, bitterer Gefühle,<br />

nicht auf Kenntnis der schwerwiegenden subliminalen<br />

Delikte, der sadistischen Rachewünsche, fußte.<br />

Wie die Wachträume den Haß in sicherer Hut beschirmten,<br />

so wußten sie ihn zu schüren. In erster Linie regten grausame Kinematographenbilder<br />

und Schauergeschichten den Komplex an und<br />

reizten sein Gelüsten. In dieser Wirkimg ruht die größte Gefahr derartiger<br />

Elaborate für das sittliche Verhalten. Aber auch harmlose Bilder aus<br />

dem Unterrichte in Geschichte, Geographie und Religion mußten sich<br />

zu erwünschter Speise für die Haßbegierde umformen lassen.<br />

So mußte<br />

sich denn der dunkle Drang mehr und mehr ausbreiten und verstärken.<br />

Gleichzeitig geriet der Rachsüchtige in immer tiefere Isolation.<br />

Er bewahrte das Geheimnis seines glühenden Hasses mit Hilfe der obsessionsartig<br />

auftretenden als unheimlich betrachteten Phantasien<br />

mit immer gesteigerter Sorgfalt, um nicht als Scheusal angesehen zu<br />

werden. Je mehr er sich nach außen abschloß, desto üppiger wucherte<br />

seine Libido im Sinne des Haßkomplexes. Nach Freud liegt die Isolierung<br />

von der Welt in der Tendenz jeder psychoneurotischen Störung^). Jung<br />

1) Freud, Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose. Jahrbuch<br />

für psychoanalytische und psychopathologische Forschung, Bd. I, 410.

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