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JAHRBUCH - Glowfish

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Psychologische Untersuchungen an Dementia praeeox-Kranken. 243<br />

wenn sie sich zusammennehmen, relativ komplizierte Bilder zu beschreiben<br />

und zu deuten und Erzählungen wiederzugeben. Eine Hauptfehlerquelle<br />

ist die mangelhafte Applikation, die schlechte Fähigkeit<br />

sich zu konzentrieren. Der Experimentator muß einen solchen<br />

gemüthchen Rapport mit dem Patienten im Laufe der Untersuchung<br />

gewinnen, daß er vermag, die Komplexe des Patienten bis zu einem<br />

gewissen Grade auszuschalten (siehe das Beispiel der Tellgeschichte<br />

bei F. R.).<br />

Die sogenannte Verblödung ist nur ein Schein. Die Tätigkeit<br />

des Patienten ist an die Außenwelt nicht genügend<br />

angepaßt; sie geht von innen heraus und erfährt die<br />

Korrektur nicht, welche die Fühlung mit der Außenwelt<br />

mit sich bringt.<br />

Es kommt beim Patienten zu einer Konzentrierung des Affektlebens<br />

um die wenigen Fragen, welche ihn persönhch stark interessieren<br />

(Komplexe!), das übrige ist ihnen blaß und bedeutungslos.<br />

Die Kranken leben in einer Traumwelt, in welcher sie ihre<br />

unerfüllten Wünsche der Kindheit und zum Teil der Jetztzeit<br />

zur Erfüllung, ja noch mehr, zu einer krankhaften Kompensation<br />

gelangen lassen. Aus diesem Grunde tragen die Wahnideen<br />

vielfach einen eigenartigen Charakter, der mit den Patienten,<br />

wie sie vor uns stehen, scharf kontrastiert. Dieser Traum ist für den<br />

Patienten so gefühlsbetont, daß er das Interesse für die Außenwelt<br />

verliert^).<br />

Ob die Unfähigkeit, sich an die wechselnden Verhältnisse der<br />

Außenwelt anzupassen (welche von kompensatorischen Phantasien<br />

begleitet ist), oder ob das Vortreten der Innenwelt mit sekundärer<br />

Vernachlässigung der Realität primär ist, ist eine offene Frage; die<br />

erste Hypothese einer gewissen primären Unzulänglichkeit hat vieles<br />

für sich; sie ist ein Versuch einer biologischen Erklärung der<br />

Phänomene^); wir glauben, daß die Psychiatrie danach trachten<br />

sollte, allmählich eine Naturwissenschaft zu werden, eine besondere<br />

Disziplin der biologischen Pathologie.<br />

Diese beiden Psychoanalysen haben uns einen Einblick in die<br />

Entwicklung des Individuums und der Krankheit gegeben.<br />

Wir sind<br />

von dem Einflüsse des Milieu und der Konstellation in der<br />

^) Vgl. Jung, Der Inlialt der Psychose. Deuticke, Leipzig und Wien, 1908.<br />

^) Siehe die Definition der Krankheit von Ribbert in „Das Wesen der<br />

Krankheit". Bonn, 1909.<br />

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