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JAHRBUCH - Glowfish

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244 A. Maeder.<br />

Familie ausgegangen. Es ließ sich nachweisen, daß der Vater und<br />

die Mutter in beiden Fällen einen ganz bestimmten Einfluß ausübten,<br />

der für die spätere Entwicklung des Knaben maßgebend wurde. Die<br />

spätere Geschmacksrichtung läßt sich auf infantile Einflüsse<br />

zurückführen, die Berufswahl, die Sympathien und Antipathien<br />

(welche unter anderem bei der Wahl der Frau maßgebend sind),<br />

gewisse<br />

Tendenzen, wie bei F. R. ein echter ,, Bildungstrieb", alles das zeigt<br />

sich durch die Prägung seitens der Eltern in den ersten Lebensjahren<br />

für immer fixiert. Das Milieu beim Erwachsenen wirkt auch<br />

bestimmend auf den Inhalt von einzelnen Symptomen; man denke an<br />

die Anatomie und Physiologie des Schlossergesellen F. R., an die besondere<br />

Art der Kompensation in den Größenideen, welche eine reichliche<br />

Erfüllung der Wünsche eines durch das Schicksal schlecht behandelten<br />

Menschen hervorgerufen hat (der häßliche, arme, schwächliche<br />

F. R. wird in der Psychose ein ,, charmanter, schöner, kräftiger, reicher,<br />

mächtiger" junger Mann).<br />

Interessant ist ferner, daß der Übergang des Normalen zum<br />

Pathologischen nicht scharf abgegrenzt, sondern im Gegenteil fließend<br />

ist;<br />

es gibt keine wirkliche Kontinuitätstrennung; die Psychose<br />

arbeitet nicht nach prinzipiell neuen Mechanismen (daß sie<br />

sich ohne Mechanismen entwickelt; daß die Symptome ohne nähere<br />

Determinante, aufs Geratewohl auftreten, wird wohl kein Psychiater<br />

mehr annehmen, der eine naturwissenschaftliche Bildung genossen<br />

hat), sie verwertet auch kein besonderes, eigenes Material, sie schöpft<br />

aus der früheren Erfahrung und wählt nach Komplexgründen aus<br />

der Gegenwart^). Die Triebkräfte des normalen Handelns (Selbsterhaltungstrieb,<br />

Sexualtrieb, mit seinem zahlreichen Partialtriebcn)<br />

wirken in der Psychose fort. Wahrscheinlich ist ihr Zusammeiispiel<br />

— die Synergie — gestört.<br />

Unser Standpunkt läßt sich durch den Ausdruck psychogenetisch<br />

charakterisieren. Die Psychiatrie ist auf dem Wege, eine<br />

erklärende Wissenschaft zu werden, sie war bis jetzt eine beschreibende<br />

Wissenschaft. Zuletzt möchte ich einschränkend noch<br />

bemerken, daß ich in dieser Arbeit das Konstruktive, die neuen Gesichtspunkte<br />

hervorgehoben habe, ohne immer auf die vorhandenen<br />

^) Der Spieltrieb sogar bleibt in der Psychose erhalten und wird durch die<br />

Komplexe alimentiert, wie J. B. in seinen Rätselbildern und seiner Abwehrgymnastik<br />

gezeigt hat. Siehe auch F. Chalewsky, Heilung eines hyster. Bellens durch<br />

Psychoanalyse. Zentralblatt für Nervenlieilkunde, 1909.

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