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JAHRBUCH - Glowfish

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230 A. Maeder.<br />

Einzelheiten. Dies halte ich für sehr wichtig ; wenn man es nicht beachtet,<br />

kann man sehr irregeführt werden und die Urteilskraft des Patienten<br />

sehr unterschätzen. Bei den ersten vorgelesenen Geschichten, die R.<br />

mir erzählte, geriet er in eine vage phantasierte Erzählung, mit der<br />

ich nicht zurecht kam. Ich war zuerst geneigt anzunehmen, die<br />

Schwierigkeiten des Textes seien für die Intelligenz des Kranken zu<br />

groß und glaubte schon meine Vermutung der Debilität des Patienten<br />

bestätigt, welche ich nach seinem Vorleben (schon in der Schule) als<br />

sehr wahrscheinlich hingestellt hatte (man sehe nach die Anamnese<br />

im Anfang der Analyse, welche vor acht Monaten niedergeschrieben<br />

wurde). Eine geduldige Prüfung, die Wiederholung der Versuche zeigte<br />

aber mit Sicherheit, daß es sich um einen Aufmerksamkeitsfehler<br />

handelte. Im Laufe der zahlreichen und langen Sitzungen mit dem<br />

Patienten lernte ich einsehen, daß für R. die Außenwelt wenig Interesse<br />

bietet,<br />

daß die Innenwelt, die Phantasie, seine ganze Aufmerksamkeit<br />

auf sich konzentriert.<br />

Ich konnte mich zuglaich überzeugen, daß keine<br />

Demenz im eigentlichen Sinne besteht, sondern eine einseitige komplexmäßige<br />

Phantasietätigkeit ohne Fühlung mit der<br />

Wirklichkeit. Das Innenleben überwiegt so sehr, daß die ständige<br />

Anpassung an die äußeren Verhältnisse fehlt. Von Außen sieht dann<br />

das Treiben des Kranken unbegreiflich und namentlich blöd aus.<br />

Die krankhafte Phantasietätigkeit mit innerer Ablenkung wird<br />

wahrscheinlich in der Sekundarsch ale aufgetreten sein und die Debilität<br />

vorgetäuscht haben. Besonders bemerkenswert scheint in diesem Falle die<br />

Produktivität, die aktive (konstruktive) Phantasietätigkeit des<br />

Patienten zu sein. Sie steht in einem gewissen Gegensatze zu seiner<br />

Bildung und Begabung; letztere steht jedenfalls nicht über der Norm.<br />

Wahrscheinlich sollte<br />

auf diesen Unterschied bei psychiatrischen<br />

Untersuchungen mehr geachtet werden; es will uns scheinen, daß dies<br />

zum Verständinsse von scheinbar paradoxen Erscheinungen bei Imbezillen<br />

(höhere Imbezille?) verhelfen könnte. Einschränkend muß<br />

aber hinzugefügt werden, daß die Produktivität eines Schizophrenen<br />

eine eigenartige Prägung trägt, sie ist nicht an die äußeren Verhältnisse<br />

angepaßt und dadurch meistens unnütz, ,,unbrauchbar''. Diese<br />

Kranken sind asoziale Typen par excellence.<br />

E. Zur Psychogeiiese.<br />

Ich halte es nicht für möglich in diesem Falle einen vollständigen<br />

Zusammenhang zwischen allen Krankheitserscheinungen zu geben,

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