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JAHRBUCH - Glowfish

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Psychologische Untersuchungen an Dementia praecox-Kranken. 227<br />

Seine Eitelkeit drückt sich nicht nur in der Geziertheit der<br />

Neologismen, sondern auch in der Satzbildung aus.<br />

F. R. drückt sich<br />

möglichst gelehrt, abstrakt und pompös aus. Er gibt z. B. folgende<br />

Legende zu einer Abbildung, welche einen Bauer darstellt, der einem<br />

Metzger ein Rind anbietet: „Ein Viehhändler in Angebot von<br />

Viehstand". Von zwei Menschen, welche an einem Schlagbaume<br />

Halt machen müssen, sagt er: „Die Menschen, die da warten, sind<br />

Anhaltleute/' Ein Magnet (Referent zeigt ihm einen solchen) ist für<br />

Kraftanzug oder Materialhebung. Er sieht das Bild der betenden<br />

Jungfrau von Orlean:<br />

„Das ist eine Gnadenfigur, die wäre im Gebet,<br />

es war eine Fürstin." Eine Machenschaft heißt:<br />

die Fähigkeit, etwas<br />

zu machen, Rezepte zu schreiben z. B.<br />

Wie aus all dem hervorgeht, ist seine Sprache aus einem bestimmten<br />

Bedürfnisse entsprungen: Die Neologismen drücken meistens neue<br />

Begriffe<br />

(eigene Anatomie und Pathologie) oder für unseren Kranken<br />

besonders gefühlsbetonte Vorstellungen aus. Alle Wunscherfüllungen<br />

(Wissenschaft, Reichtum, Adel, Macht) sind reichlich vertreten. Die<br />

neue Sprache ist ein Instrument, um die wenig systematisierten Wahnideen<br />

darzustellen^).<br />

D. Die sogeuaimte Yerblöduug.<br />

F. R. ist über 15 Jahre in der Anstalt. Er hält sich seit vielen<br />

Jahren auf der offenen Abteilung mit vielen anderen chronischen Patienten<br />

zusammen. Er wird bei der Hausordnung beschäftigt, ist immer<br />

allein ; wenn unbeschäftigt, füllt er Hefte mit Notizen, welche er niemandem<br />

zeigt. Er spricht halblaut fast ununterbrochen, antwortet<br />

auf seine Stimmen, erteilt Befehle in die Luft, gestikuliert. Dem Anstaltsleben<br />

gegenüber bleibt er vollständig gleichgültig, er macht nie eni<br />

Fest mit; er geht früh ins Bett, liegt viel tagsüber während der freien<br />

Zeit auf einer einsamen Bank. Man trifft ihn nie im Hofe.<br />

Spontan hat<br />

er nie etwas zu fragen, auch nie zu klagen. Er dreht sich nicht einmal<br />

um, wenn ein Arzt vorbeigeht. Er lebt mitten in einer Gruppe von über<br />

30 Patienten wie ein Einsiedler. Auf Fragen erhält man von ihm Antworten<br />

in einer sonderbaren, unverständlichen Sprache. Wenn<br />

^) Ein eingehenderes Studium dieser Sprache werde ich später noch veröffentlichen,<br />

wo ich einen Anschluß an die Xenoglossie und Glossolalie zu finden<br />

versuchen werde. Bei allen diesen Fällen von „sekundären Sprachen" spielen<br />

das Affektleben und das Infantile eine große Rolle. Der Nachweis der s c h i z o-<br />

phrenen Reaktionsweise läßt sich bis in die Einzelheiten leisten.<br />

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