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JAHRBUCH - Glowfish

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Aus der Analyse einer Zwangsneurose, 311<br />

Im „Ichrätsel", an einem abstrakten Problem, kann der Zweifel<br />

am besten „angesiedelt" werden, ist die Unsicherheit am größten.<br />

Der Kranke spricht damit aus, daß wir der Welt gegenüber nur sicher<br />

sind, wenn es auch in unserer Liebe der Fall ist.<br />

Zum Unterschiede von anderen Fällen konnte ich bei unserem<br />

Kranken keine zweite „Religion" finden, in welche er sich flüchten<br />

kann; er bedauert aber diesen Mangel und die Unsicherheit ist ihm<br />

um so beschwerlicher.<br />

Unser Fall ist in seinem ganzen Wesen bedeutend infantiler<br />

als der von Freud in den „Bemerkungen" dargestellte. Wohl schwankt<br />

er auch zwischen den alten Objekten der Übertragung und neuen.<br />

Aber diese neuen haben sich noch gar nicht in einer Hauptperson<br />

kristallisiert; er hat noch gar keine ernsthaften Versuche gemacht;<br />

die Regression ist viel stärker. Gegenwärtig arbeitet er noch am<br />

„Traktat" in neuer Auflage; der Inhalt ist wesentlich milder, er rechnet<br />

nicht mehr auf dessen große Macht und Wirkung, die ursprünglich<br />

auf ein Aufhören jeder Kinderzeugung zielte. Doch ist es immer<br />

noch sein philosophisches Hauptwerk.<br />

Er gibt sich durch seine Krankheit Mühe, die Wahl eines neuen<br />

Objektes und die Ablösung von den Eltern, aufzuschieben. Einmal<br />

sprach er davon, die ganze Krankheit zu opfern, wie er es mit anderen<br />

lieben Dingen auch tat oder zu tun versuchte. Er zeigt dadurch,<br />

daß er die Neurose mit ihrer reichen intellektuellen Ausarbeitung<br />

liebt, sie ist sein Lebenswerk. Er kostet auch ihre Vorteile, wählt<br />

sich schöne Aufenthalte, die seinen Phantasien entsprechen, schafft<br />

sich aus der Qual Lust usw. Aber eine Unsicherheit hindert ihn wieder<br />

an<br />

diesem Opfer; er wisse nicht, ob er dann das andere bekomme<br />

nämlich ein Weib, das er lieben könne.<br />

In diesem Zweifel gleicht seine Zwangsneurose der Dementia<br />

praecox, welche die Übertragung auf neue Objekte überhaupt kaum<br />

versucht und gänzlich ins Infantile zurückkehrt. Der Zwangsneurotiker<br />

hat aber mehr Rapport zur Wirklichkeit, mehr Objektliebe, indem seine<br />

Phantasieelaboration sorgfältiger, darstellbarer, verständlicher ist und<br />

durch ihre Intellektualisierung sich charakterisiert.<br />

Ich schließe meine Ausführungen ab mit der Bitte,<br />

man möge<br />

bei der Unvollkommenheit der Darstellung die Schwierigkeit des<br />

Problems und die Unfertigkeit der Analyse berücksichtigen.

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