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JAHRBUCH - Glowfish

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16 Karl Abraham.<br />

Beobachtung C.<br />

Die Traumzustände entstehen bei der Patientin C ebenfalls,<br />

wenn sie sich durch eine aktuelle Situation, der sie nicht entgehen kann,<br />

gequält, deprimiert, erniedrigt fühlt. Ein Gespräch mit peinlichem<br />

Inhalt gibt den Anlaß, oder ein körperliches Übelbefinden. In dieser<br />

Beziehung kommt besonders der Menstruation die Rolle des auslösenden<br />

Anlasses zu. Die Patientin äußert: , .Während der Periode<br />

geht mir jede Realität verloren."<br />

Ganz wie bei dem vorigen Patienten,<br />

findet auch hier im Traumzustand eine Isolierung von der Außenwelt<br />

statt. Man könnte nun nach Analogie jenes Falles erwarten,<br />

der Traumzustand entführe die Patientin der quälenden Wirklichkeit.<br />

Das Gegenteil trifft zu. Tatsächhch versetzt Patientin sich durch<br />

ihre Phantasien in einen Zustand noch größeren Leidens, in absolute<br />

Passivität, und zieht daraus masochistischen Lustgewinn. Aus ihrer<br />

Kindheit ließen sich interessante Details über wirkliche masochistische<br />

Betätigung mitteilen. Aber auch jetzt ist diese Triebrichtung deutlich<br />

erkennbar. Die Patientin versteht es nämlich, ganz wie ich es auch bei<br />

verschiedenen anderen Patienten sah, den Traumzustand auch<br />

willkürlich herbeizuführen. ,,Manchmal verlockt mich etwas,<br />

den Traumzustand herbeizuführen", Sie rezitiert zu diesem Zwecke aus<br />

dem Gedächtnis eine Stelle aus Hebbels ,,Maria Magdalena" (III. Akt,<br />

2. Szene). Es sind folgende Worte der Klara:<br />

,,Ich will dir dienen, ich will für dich arbeiten, und zu essen sollst<br />

du mir nichts geben, ich will mich selbst ernähren, ich will bei Nachtzeit<br />

nähen und spinnen für andere Leute, ich will hungern, wenn ich nichts<br />

zu tun habe, ich will lieber in meinen eigenen Arm hineinbeißen, als zu<br />

meinem Vater gehen, damit er nichts merkt. Wenn du mich schlägst,<br />

weil dein Hund nicht bei der Hand ist<br />

oder weil du ihn abgeschafft hast,<br />

so will ich eher meine Zunge verschlucken, als ein Geschrei ausstoßen,<br />

das den Nachbarn verraten könnte, was vorfällt.<br />

Ich kann nicht versprechen,<br />

daß meine Haut die Striemen deiner Geißel nicht zeigen soll,<br />

denn das hängt nicht von mir ab, aber ich will lügen, ich will sagen,<br />

daß ich mit dem Kopf gegen den Schrank gefahren oder daß ich auf dem<br />

Estrich, weil er zu glatt war, ausgeglitten bin, ich wills tun, bevor noch<br />

einer fragen kann, woher die blauen Flecke rühren. Heirate mich —<br />

ich lebe nicht lange. Und wenn's dir doch zu lange dauert und du die<br />

Kosten der Scheidung nicht aufwenden magst, um von mir loszukommen,<br />

so kauf Gift aus der Apotheke, und stell's hin, als ob's für

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