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JAHRBUCH - Glowfish

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über Konflikte der kindlichen Seele. 57<br />

Beide lagen im Bette. Ich zog dem Onkel die Decke herunter, setzte<br />

mich auf seinen Magen und ritt^)<br />

darauf herum."<br />

Dieser Traum kam anscheinend sehr unvermittelt heraus. Die Kinder<br />

waren damals für mehrere Wochen in den Ferien und der Vater, der durch<br />

Geschäfte in der Stadt festgehalten war, war gerade an diesem Tage<br />

zu Besuch gekommen. Anna war besonders zärtlich mit ihm. Der Vater<br />

fragte sie scherzend: ,. Willst du heute abend mit mir in die Stadt<br />

reisen?" Anna: ,,Ja und dann darf ich bei dir schlafen?" Zugleich<br />

hängte sie sich zärtlich an den Arm des Vaters, genau in derselben<br />

Weise, wie es die Mutter gelegentlich tut. Wenige Augenblicke darauf<br />

erzählte sie den Traum. Sie war einige Tage vorher bei der im Traum^)<br />

erwähnten Tante zu Gaste gewesen. Sie hatte sich auf jenen Besuchgang<br />

besonders gefreut, weil sie mit Sicherheit voraussetzte, dort zwei<br />

kleinen Vettern zu begegnen, für welche sie ein ungeheucheltes Interesse<br />

an den Tag legt. Leider waren die Vettern nicht dort, worüber Anna sehr<br />

enttäuscht war. Irgend etwas in der gegenwärtigen Situation muß<br />

dem Inhalte des Traumes verwandt sein, damit er plötzlich wieder<br />

erinnert wird. Ganz klar ist die Verwandtschaft zwischen dem manifesten<br />

Trauminhalt und dem Gespräch, das sie mit dem Vater geführt hatte.<br />

Der Onkel ist ein schon recht alter Herr und dem Kinde nur aus einigen<br />

seltenen Begegnungen bekannt. Er ist im Traume eine lege artis ausgeführte<br />

Ersetzung des Vaters. Der Traum selber schafft einen Ersatz<br />

für die Enttäuschung des Vortages: sie ist im Bette des Vaters. Hier<br />

ist das tertium comparationis mit der Gegenwart. Daher wird der Traum<br />

plötzlich wieder erinnert. Im Traume wird ein Spiel wiederholt, das Anna<br />

oft im (leeren) Bette des Vaters ausgeführt hatte : nämlich dieses Reiten<br />

und Strampeln, im Spiel aber auf der Matraze. Aus diesem Spiele<br />

stammt die Frage: Macht der Papa so? (Vgl. oben.) Die aktuelle Enttäuschung<br />

ist, daß der Vater auf ihre Frage antwortete: ,,Du darfst<br />

dann allein im Nebenzimmer schlafen." Darauf folgt die Erinnerung<br />

desjenigen Traumes, der sie schon einmal bei einer erotischen Enttäuschung<br />

getröstet hatte.<br />

Zugleich bringt der Traum eine wesentliche<br />

Verdeuthchung der Theorie: Es geschieht im Bette und durch die<br />

oben geschilderte rhythmische Bewegung. Ob die Bemerkung, daß sie<br />

sich dem Onkel auf den Magen setzt, mit dem Erbrechen etwas zu<br />

tun hat, ist noch nicht evident.<br />

') Der hierfür gebrauchte Dialektausdruck (,,uf und abgjuckt") ist unübersetzbar,<br />

er heißt: eine in senkrechtem Sinne schnellende Bewegung ausführen.<br />

^) Der Traum war ebenfalls einige Tage alt.

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