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Ein weiterer Ansatz, den ich erwähnen möchte, stellt gesellschaftliche Aspekte in den<br />

Vordergrund. „Geistige Behinderung“ stellt hierbei nicht primär eine Eigenschaft des<br />

Individuums dar, sondern wird erst in der Interaktion mit der Umwelt zur Behinderung.<br />

Behinderung entsteht folglich im gesellschaftlichen Kontext. Dieser Ansatz wird beispielsweise<br />

von JANTZEN (vgl. bsp. ebd. 1992) oder – wie bereits erwähnt - FEUSER (vgl. bsp. ebd. 2000)<br />

vertreten.<br />

Ein ökologisch–systemischer Ansatz lässt sich beispielsweise bei SPECK ausmachen. „Geistige<br />

Behinderung“ wird als dynamischer, interaktiver Prozess gesehen, wobei individuelle und<br />

soziale Faktoren in einem komplexen System miteinander agieren (vgl. SPECK 1993). Die<br />

Lebensgeschichte des betroffenen Menschen in Einbettung in die gesellschaftliche Umwelt ist<br />

bei diesem Ansatz zentral.<br />

In den letzten Jahren hat sich in der Sichtweise von „geistiger Behinderung“ ein<br />

Paradigmenwechsel vollzogen. Zunächst wurde „geistige Behinderung“ als unveränderbarer<br />

Defekt angesehen, der in umweltunabhängiger Weise die Lebenschancen eines Individuums<br />

begrenzt. Die Sichtweise änderte sich dahingehend, dass eine „geistige Behinderung“ - genauso<br />

wie eine körperliche Behinderung - nur individuelle Bedingungen setzen kann, deren<br />

tatsächliche spätere Wirkung auf die Entwicklung jedoch nicht ohne weiteres im voraus<br />

bestimmbar ist.<br />

In der vorliegenden Arbeit ist es unumgänglich, verschiedene Grade der „geistigen<br />

Behinderung“ zu differenzieren. Dabei beziehe ich mich auf die Definition der WHO, in welcher<br />

über die Bestimmung des Intelligenzquotienten leichte, mittlere, schwere und schwerste geistige<br />

Behinderung unterschieden werden. In der ICD-10 2 wird „geistige Behinderung“, wie bereits<br />

erwähnt, als Intelligenzminderung definiert, welche anhand standardisierter Intelligenztests<br />

festgestellt wird (vgl. WHO 1997: 256ff):<br />

Leichte Intelligenzminderung (leichte geistige Behinderung, IQ-Bereich von 50-69): Leicht<br />

intelligenzgeminderte Personen erwerben Sprache verzögert, jedoch in einem für die täglichen<br />

Anforderungen oder für eine normale Konversation ausreichenden Umfang. Die meisten dieser Personen<br />

erlangen Unabhängigkeit in der Selbstversorgung und in praktischen und häuslichen Tätigkeiten. Die<br />

Mehrzahl leicht intelligenzgeminderter Personen ist für Arbeit anlernbar, die eher praktische als schulische<br />

Fähigkeiten verlangt. In einem soziokulturellen Umfeld, in dem wenig Wert auf schulische Ausbildung<br />

gelegt wird, stellt ein gewisses Ausmass an leichter Intelligenzminderung an sich kein Problem dar. Wenn<br />

zusätzlich eine deutliche emotionale und soziale Unreife besteht, werden die Konsequenzen der<br />

Behinderung offenkundig: beispielsweise können die Betreffenden dann den Anforderungen einer Ehe oder<br />

2 International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems<br />

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