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einer stärkeren Abhängigkeit - nicht vertraut gemacht worden war. Vielfach stellen sich<br />
Menschen mit Behinderung vor, dass mit dem Erlangen des Familienstatus auch eine grössere<br />
Unabhängigkeit einhergeht.<br />
Interessant erscheint mir, dass eine Person aus dem Bekanntenkreis die Vormundschaftsbehörde<br />
einschaltete, die darauf zum Schutz des Kindes handelte. Frau A wurde gegen ihren Willen<br />
bevormundet und die zuständige Amtsvormundschaft handelte, indem sie einen Platz für die<br />
gesamte Familie suchte. Es wurde neben der relativ harten Methode der Bevormundung der<br />
Mutter zum Schutz des Kindes ein fortschrittlicher und nicht ganz einfacher Weg eingeschlagen.<br />
Ein Unterstützungsangebot für eine ganze Familie zu finden scheint gegenwärtig nicht einfach<br />
zu sein. So waren auch Frau Ahorn und ihr Mann nur aufgrund eines Umzugs der<br />
sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft in ein anderes Haus bereit, neue Strukturen zu<br />
schaffen. Zudem entschieden sie sich zunächst nur Mutter und Kind aufzunehmen.<br />
„Es war Zufall, dass wir Plätze frei hatten durch den Ortswechsel. Da kam eine Anfrage der<br />
Amtsvormundschaft, ob wir Platz hätten für ein junges Paar, das ein Kind erwartet. Dann kamen die<br />
Beiden schnuppern und wir beschlossen, dass wir das gerne machen würden. Wir wollten aber nicht alle<br />
drei auf einmal aufnehmen. Da haben wir erst mal Mutter und Kind aufgenommen, und eigentlich war es<br />
die Idee, dass der Mann, also der Vater des Kindes auch kommt. Dies ist je länger je mehr mit<br />
Fragezeichen verbunden und nicht so ganz einfach.“<br />
Die Veränderungen im Leben von Frau A. durch die Geburt des Kindes waren umfassend. Für<br />
Frau A. waren sie mit einem Ortswechsel und somit dem Verlassen ihres sozialen Umfeldes<br />
verbunden. Es ist anzunehmen, dass die Vormundschaft, gegen die sie sich lange wehrte, keinen<br />
positiven Einfluss auf ihr Selbstwertgefühl gehabt hat. Zudem sah sie ihr neues Umfeld zunächst<br />
als „verbündet“ mit den Behörden an, was den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses erschwert<br />
haben muss. Frau A. hatte einen schwierigen Einstieg in ihre Rolle als Mutter, bei dem der Vater<br />
des Kindes - ob nun positiv oder negativ - ihr nicht zur Seite stehen konnte.<br />
Herr A. wohnt noch immer nicht mit Frau und Kind zusammen, was einerseits angesichts der<br />
von Frau Ahorn geschilderten Umstände verständlich ist, andererseits aber den Auflagen der<br />
Amtsvormundschaft nicht gerecht wird.<br />
„Wir denken, es ist eine Überforderung, wenn er nicht zuerst an seinen Problemen arbeitet. Er ist in<br />
diesem Sinne gar nicht beziehungsfähig. Für Amélie wäre es sicher schöner, wenn ihr Vater auch immer da<br />
wäre, aber wenn er da ist oder nicht… wenn sie ihn eh nicht wahrnimmt in seiner Rolle, dann spielt es gar<br />
keine grosse Rolle. Meinen wir…, das ist natürlich schwierig zu beurteilen. Das sind so Sachen, was ist<br />
denn besser? Da beginnt man plötzlich zu werten und weiss es gar nicht genau (was das Beste ist). Das ist<br />
eher heikel. Aber ich finde es schön, dass er jedes Wochenende kommt, so behält er den Kontakt zu Kind<br />
und Mutter. Und wir können gleichzeitig Inputs geben, schauen wie es läuft.“<br />
Ob das Misslingen der Schnupperzeit des Vaters in der Lebensgemeinschaft nun auf die<br />
beengten Platzverhältnisse des Wohnbereichs von Mutter und Kind zurückzuführen ist, oder ob<br />
dessen psychische Probleme ausschlaggebend waren, lässt sich nicht sagen. Mir schien, dass der<br />
Vater in der Betreuungssituation etwas abseits stand und ich habe mich gefragt, ob er die Chance<br />
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