07.11.2013 Aufrufe

Herunterladen PDF - Insieme

Herunterladen PDF - Insieme

Herunterladen PDF - Insieme

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sehr enge Beziehung, intime Bereiche müssen thematisiert werden. Frau Ahorn ist es jedoch auch wichtig<br />

die professionelle Distanz zu wahren, um die Betreuungssituation reflektieren zu können.<br />

Zu der Frage der Verantwortung meint Frau Ahorn, dass dies immer wieder ein Thema sei. Sie äußert, dass<br />

sie die Verantwortung für die Lebenssituation des Kindes nicht übernimmt. Das Kind ist in diese hinein<br />

geboren, das gehört zu seiner Biographie. Diese Einstellung gibt eine gewisse Entlastung für die<br />

Betreuungsperson. Was bleibt, ist die Verantwortung für die momentane Situation des Kindes.<br />

Bei solchen Überlegungen und unklaren Situationen in der Betreuung wäre es ihr wichtig, die Möglichkeit<br />

einer Fachberatung zu haben, die spezifisches Wissen über die Unterstützung von Eltern(-teilen) mit<br />

geistiger Behinderung hat. Ansonsten, vermutet Frau Ahorn, setzt ein Gefühl der Überforderung früher ein,<br />

da die Betreuungssituation von Mutter und Kind neu ist und bisher kein fachlicher Austausch stattfinden<br />

konnte.<br />

Perspektiven der Betreuungssituation<br />

Anfangs fragte Frau A. des Öfteren, wie lange sie bleiben müsse. Als Frau Ahorn ihr zu verstehen gab, dass<br />

es für länger sein würde war sie niedergeschlagen. Frau A. gefällt es nun in der Lebensgemeinschaft, aber<br />

längerfristig möchte sie in eine eigene Wohnung ziehen. Sie ist sich noch nicht sicher, ob sie mit ihrem<br />

Mann zusammenwohnen möchte. Frau A. möchte gerne ein zweites Kind. Da Frau Ahorn dies aber als<br />

klare Überforderung in der momentanen Situation betrachtet, wurde vereinbart, dass Frau A. die Pille<br />

nimmt.<br />

Bezüglich der Lebenssituation von Frau A. und ihrer Tochter besteht keinerlei Handlungsbedarf, da alle<br />

sich wohl fühlen. Ob der Vater in nächster Zeit doch in die Lebensgemeinschaft einzieht hängt von seiner<br />

Auseinandersetzung mit seiner Problematik ab, ob er einen Job findet und ob Frau A. seinen Umzug<br />

befürwortet. Sie äusserte sich laut Frau Ahorn in letzter Zeit eher ablehnend mit ihm in dem nicht sehr<br />

grossen Zimmer zu leben, da sie aggressive Handlungen gegen sich oder das Kind fürchtet.<br />

Über die Zukunft entscheidet die Familie in Zusammenarbeit mit den Vormündern von Frau A. und<br />

Amélie. Das Ziel ist, dass alle Familienmitglieder zufrieden sind und Amélie in einer geschützten,<br />

entwicklungsfördernden Umgebung aufwachsen kann.<br />

Fachberatung/ Koordinationsstelle<br />

Frau Ahorn würde gerne spezifische Fachberatung zur Betreuung der Familie in Anspruch nehmen, die<br />

Suche danach verlief jedoch erfolglos. Weiter würde sie sich fachlichen Austausch mit anderen<br />

Betreuungspersonen, welche in ähnliche Betreuungssituationen arbeiten, wünschen.<br />

Momentan nehmen Frau Ahorn und ihre MitarbeiterInnen interne Beratung durch den Leiter des Vereins in<br />

Anspruch, sowie externe Supervision. Fachwissen bezieht Frau Ahorn aus dem Internet. Eine Möglichkeit<br />

einer Fachberatung sieht Frau Ahorn in der Inanspruchnahme der Beratung für normale Eltern, die durch<br />

sozialpädagogisches Wissen an die spezifische Situation angeglichen wird.<br />

Frau Ahorn würde eine Koordinations- und Beratungsstelle begrüssen. Als Anforderung an eine<br />

Koordinationsstelle stellt sie das Vorhandensein sozialpädagogischer, medizinischer und psychologisch<br />

systemischer Fachkompetenz.<br />

Einstellung der Betreuungsperson zu Kinderwunsch, Elternschaft allgemein<br />

Frau Ahorn meint, dass Heime und Institutionen räumlich und strukturell Verhinderer der Unterstützung<br />

von Elternschaft von Menschen mit geistiger Behinderung sind. Partnerschaft, Sexualität und Zärtlichkeit<br />

sind für Menschen mit geistiger Behinderung sehr wichtig, auch zur Kompensation anderer Bereiche der<br />

Selbstverwirklichung, die ihnen verwehrt werden. In der sexualpädagogischen Begleitung besteht nach wie<br />

vor Handlungsbedarf. Durch die vermehrte Offenheit in der Sexualpädagogik entstehen mehr<br />

Partnerschaften, damit muss auch mit Elternschaften gerechnet werden. Frau Ahorn ist der Ansicht, dass zu<br />

einem glücklichen Leben, nach dem Normalisierungsprinzip, verschiedene Lebensabschnitte gehören. Im<br />

Erwachsenenalter sollten so Kinderwunsch und Elternschaft im Zusammenhang mit der Lebenssituation<br />

thematisiert werden. Frau Ahorn äussert, dass die Thematisierung vor einer ungeplanten Schwangerschaft<br />

stattfinden sollte, denn so können Motive zum Kinderwunsch aufgedeckt werden, die möglicherweise auf<br />

andere Bedürfnisse zurückzuführen sind. Verhütung sollte, mit der ungewohnten Thematik Elternschaft, in<br />

jeder Institution ein Thema sein.<br />

Zu der Situation der Kinder geistig behinderter Eltern meint Frau Ahorn, dass auch andere Kinder in<br />

herausfordernden Lebenssituationen aufwachsen. Undenkbar ist für sie, dass Kinder in einer grossen<br />

Institution aufwachsen. Darin sieht sie einen Vorteil der sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft.<br />

Als ich Frau Ahorn nach den Perspektiven in der Thematik Elternschaft fragte, antwortete sie, dass<br />

zunächst die Sexualität der Menschen mit einer geistigen Behinderung in Institutionen anerkannt werden<br />

müsste. Die Öffentlichkeit müsste auf die Thematik Elternschaft Sensibilisiert werden. Als utopisches Ziel<br />

sieht Frau Ahorn die Umsetzung des Normalisierungsprinzips an.<br />

173

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!