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In der Adoleszenz ist die Ablösung vom Elternhaus wichtig. Zentrale Themen des Lebens als<br />
Erwachsener, wie beispielsweise Partnerschaft, Sexualität, Kinderwunsch oder Elternschaft<br />
müssen im Hinblick auf die Zukunft thematisiert werden. Die Bedürfnisse, Wünsche,<br />
Hoffnungen, Entscheidungen oder Willensäusserungen des Menschen mit Behinderung müssen<br />
wahrgenommen und akzeptiert werden.<br />
Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit Selbstbestimmung bei Menschen<br />
mit geistiger Behinderung möglich und verantwortbar ist. Über Jahrhunderte lautete die Frage<br />
anders. Es wurde gefragt, ob Selbstbestimmung überhaupt möglich ist und die Antwort darauf<br />
lautete lange Zeit nein. MOOR beispielsweise erklärte die Situation so, dass mangels innerem<br />
Halt lediglich lebenslänglicher äusserer Halt pädagogisch hilfreich sein konnte (vgl. MOOR<br />
1958 zit. nach BACH 1997: 67). Gegenwärtig wird die Frage grundsätzlich bejaht. Allerdings ist<br />
auch klar, dass Selbstbestimmung ein gewisses Risiko in sich birgt und damit stellt sich die<br />
Frage, ob es Grenzen der Selbstbestimmung gibt (vgl. BACH 1997: 66). Etwa bei Elternschaft<br />
von Menschen mit geistiger Behinderung? „Selbstbestimmt leben zu können, heisst für<br />
Menschen mit Behinderung, eigene Lebensziele in freier Entscheidung zu verwirklichen und<br />
dadurch Verantwortung für sich und die Gemeinschaft zu übernehmen“ (HARNACK 1997: 53).<br />
Was aber, wenn die Eltern die Verantwortung für sich und für das Kind nicht übernehmen<br />
können? Wenn selbst die Entscheidung für eine Elternschaft nicht im Bezug zur Realität einer<br />
Elternschaft gefällt wird?<br />
Diese Fragen leiten uns an eine Schnittstelle zu ethischen Fragestellungen. Im Sinne der<br />
Normalisierung und Selbstbestimmung kann Menschen mit leichter und mittlerer geistiger<br />
Behinderung das Recht auf Elternschaft nicht verwehrt werden, ein altersgemässes Verhalten<br />
soll ermöglicht werden, indem ihre Bedürfnisse nach Partnerschaft, Sexualität und Elternschaft<br />
berücksichtigt werden, gelebte Sexualität ermöglicht wird und eine Elternschaft als Möglichkeit<br />
offen steht.<br />
Meiner Ansicht nach könnte ein verantwortungsvoller Umgang mit Normalisierung und<br />
Selbstbestimmung von Menschen mit leichter und mittlerer geistiger Behinderung meinen, dass<br />
den betroffenen Menschen durch sexualpädagogische Aufklärung und Beratung bezüglich<br />
Kinderwunsch und Elternschaft die Problematik einer Elternschaft transparent gemacht würde,<br />
ihnen aber gleichzeitig auch die notwendige Unterstützung zugesichert würde.<br />
Insofern sind Bereiche des Mann- und Frauseins von Menschen mit geistiger Behinderung, mit<br />
welchen ich mich im nächsten Kapitel auseinandersetze, von grosser Bedeutung.<br />
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